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Asbestfasern, Foto von Ravaka (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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Verjährungsrecht als Menschenrecht

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Diese Herbstsession hat sich der Nationalrat über die Revision des Verjährungsrechts gebeugt und am 25. September 2014 schliesslich bestimmte Anpassungen beschlossen. Die Diskussion wird beeinflusst von einem Urteil des Menschenrechtsgerichtshof vom 11. März 2014; dieser hat bei einem Asbestopfer die Verjährungsfristen aufgrund der Spätschäden als zu kurz angesehen (Howald Moor und Andere v. Schweiz). Das Verjährungsrecht müsse die Geltendmachung solcher Spätschäden ermöglichen, ansonsten sei das Menschenrecht auf einen Zugang zu einem Gericht verletzt (Art. 6 EMRK). Das Gericht legt die Verfahrensgarantie damit ziemlich sportlich aus, ist doch aus deren Wortlaut kaum eine entsprechende Aussage abzuleiten.

Unter anderem soll nun die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren bei Körperverletzungen oder Tötungen von Menschen verlängert werden. Der Bundesrat wollte eine Frist von 30 Jahren, der Nationalrat hat nun eine Verlängerung auf 20 Jahre beschlossen. Beides wird dem Menschenrechtsgerichtshof nicht genügen, weil er eine flexible Verjährungsfrist bei Härtefällen fordert. Dies war auch einigen Parlamentariern bewusst, die als Minderheitsanträge Verjährungsfristen bis zu 50 Jahren in die Debatte einbrachten. Solch lange Fristen erscheinen lebensfremd; so ist z.B. der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen schädigender Handlung und einem Krebsleiden nach 50 Jahren kaum noch zu erbringen.

Für einen in zivilrechtlichen Verjährungsfristen unbewanderten Verwaltungsrechtler wie mich ist diese Diskussion ein Nebenschauplatz. Angesichts der überragenden Bedeutung von Art. 6 EMRK für die schweizerische Rechtsentwicklung ist viel spannender, wie die Richter in Strasbourg - einschliesslich der Schweizer Richterin - in den Verjährungsfristen eine Verletzung dieser Norm erblicken können. In Art. 6 EMRK ist von der Verjährung nicht die Rede. Kommt hinzu, dass die Zuordnung der Verjährung zu dieser Verfahrensgarantie einige dogmatische Luftsprünge erfordert, da diese üblicherweise nicht dem Verfahrensrecht zugeordnet wird. Das Gericht setzt hier allerdings nicht nur ein neues Beispiel für seine expansive Auslegung der Menschenrechtskonvention. Es folgt auch einer allgemeinen Tendenz in der Staatsrechtslehre, mehr und mehr konkrete Vorgaben aus den doch sehr offen formulierten Verfassungs- und Konventionstexten zu lesen. Ein solches Vorgehen sprengt schnell den Rahmen zulässiger juristischer Auslegung. Wenn in jedem Rechtsproblem auch ein Verfassungsproblem erblickt wird, so könnte man darin auch - nach der schon vollzogenen "Machtergreifung des öffentlichen Rechts" - eine unzulässige "Machtergreifung der Verfassungsrechtler" erblicken.

“Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. [...]”
— Art. 6 Abs. 1 EMRK

St.Gallen, 10. Oktober 2014

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October 10, 2014 by Peter Hettich.
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Foto von Ikiwaner (Eigenes Bild) [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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Freie Wirtschaftsordnung?

Foto von Ikiwaner (Eigenes Bild) [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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Letzten Freitag hat der Nationalrat das Postulat 12.4172 "Für eine freie Wirtschaftsordnung: Gegen Wettbewerbsverzerrung durch Staatsunternehmen" angenommen. Die Überweisung erfolgte gegen den Willen des Bundesrates, der die bestehenden verfassungsrechtlichen Schranken für eine unternehmerische Tätigkeit des Staates als ausreichend ansieht. Bundesrat Schneider-Ammann wies in der Debatte auch auf diverse Klagemöglichkeiten hin, vor allem auf den Rechtsschutz durch das Bundesgericht. Diese Antwort des Bundesrates übersieht, dass das Bundesgericht sehr tiefe Schranken für die unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand setzt und den Kantonen praktisch freie Hand lässt.

“Erstens steht im Fall von vermuteten Verletzungen grundsätzlich der Beschwerdeweg ans Bundesgericht offen, und dieses entscheidet, ob ein genügendes öffentliches Interesse für das staatliche Wirtschaften existiert und ob die Massnahme auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht. Zudem enthalten das Kartellgesetz - dieses gibt es noch -, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie das Binnenmarktgesetz Beschwerde- und Klagemöglichkeiten.”
— BR Schneider-Ammann

Im Leitentscheid Glarnersach (BGE 138 I 378 vom 3. Juli 2012) befasste sich das Bundesgericht mit der Expansion der Tätigkeit der Glarner Gebäudeversicherung in den privaten Versicherungsmarkt. Die "Glarnersach" bietet heute alle möglichen Versicherungen in Konkurrenz zu privaten Marktteilnehmern an. Der Entscheid, der diese weite Tätigkeit zuliess, ist auf Kritik gestossen (siehe hier meine Besprechung), fand aber auch Zustimmung und bildet heute den relevanten Prüf-Massstab.

Mit Blick auf einen wirksamen Rechtsschutz erscheint als problematisch, dass das Bundesgericht vom politischen Prozess zirkulär auf das öffentliche Interesse schliesst. Es führt das aus: "Hat das Gesetz eine staatliche Aufgabe festgelegt, so ist diese im demokratischen Prozess als öffentliches Interesse bestimmt worden. Es ist alsdann nicht Sache des Bundesgerichts, diese Entscheidung als unzulässig zu erklären." Das öffentliche Interesse am staatlichen Unternehmen leitet sich also danach nicht aus der Verfassung her, sondern wird durch den politischen Prozess erst festgelegt; dieser politische Prozess sollte in seinen Spielräumen eigentlich aber durch das öffentliche Interesse wirksam begrenzt werden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts führt freilich dazu, dass praktisch jedes beliebige Interesse des Kantons als ein öffentliches Interesse definiert werden kann. Damit läuft aber auch der Rechtsschutz leer. Der klärende Handlungsbedarf im Bereich der unternehmerischen Tätigkeit des Staates ist, so scheint mir, mehr als offensichtlich ausgewiesen.

St.Gallen, 26. September 2014

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September 26, 2014 by Peter Hettich.
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Brief der ewz vom 25. August 2014 (eigenes Bild)

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Energieprodukte: Stupsen auf der schiefen Ebene

Brief der ewz vom 25. August 2014 (eigenes Bild)

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Kritiker des sogenannt "sanften Paternalismus" (Nudging) äussern meist die Befürchtung, dass die sachte Steuerung durch Stupser, Anreize und Informationen schnell einmal durch harte Gebote und Verbote (klassischen, harten Paternalismus) ersetzt würde. Mit den "Nudges" begebe man sich auf eine schiefe Ebene ("slippery slope"), die unweigerlich zur Elimination jeglicher persönlicher Entscheidungsautonomie führen müsse. Die Befürworter dieser staatlichen Steuerung kontern dann oft, dass es für die Existenz einer solchen "schiefen Ebene" keinerlei Hinweise gäbe; mit den nudges werde eine optimale Regelung erreicht, deren Verschärfung keineswegs unvermeidlich erscheint.

Mit Brief vom 25. August hat sich die ewz nun entschlossen, in dieser Hinsicht ein schlechtes Beispiel zu liefern. Die Stadtzürcher haben ab 1. Januar 2015 nur noch die Möglichkeit, Strom aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Unter dem Gesichtspunkt der slippery slope ist die Entwicklung dahin spannend. Begonnen hat sie 2006 mit einer Kampagne, die die einzelnen Stromprodukte (mixpower, naturpower, solartop) farblich kennzeichnete und die mit der Signalfarbe Rot die politische (=soziale?) Präferenz herausstrich:

Ich persönlich habe mich für das Produkt ewz.mixpower entschieden. Grund dafür war nicht eine Ideologie oder das Geld, sondern weil ich das Vorgehen der ewz bei der Vermarktung fragwürdig fand. Wer sich nicht aktiv wehrte, erhielt automatisch das Produkt ewz.naturpower, obwohl dieses teurer war. Besonders konsumentenfreundlich ist dies nicht. In den letzten Jahren musste ich mehrmals aktiv tätig werden (zuletzt bei einem Umzug), um meine Wahl für "verwerflichen Strom" zu bestätigen. Ich habe diese Produktwahl auch dann beibehalten, als die ewz auf den Namen "atommixpower" umgestellt hat und mir quasi per Wink mit dem Zaunpfahl klar gemacht hat, dass ich mich asozial verhalte. Zu diesem Zeitpunkt war ich wohl Teil einer Minderheit.

Quelle: Screenshot ewz.ch

Quelle: Screenshot ewz.ch

Mit der Produkteumstellung per 1. Januar 2015 wird die ewz mir nur noch Ökostrom anbieten. Dies, obwohl sie effektiv weiterhin Strom aus Atomkraftwerken bezieht und diesen lediglich mit Zertifikaten "vergrünt". Der Atomstrom findet nach wie vor Verwendung; nur buchhalterisch fliesst er nicht aus meiner Steckdose. Wie von den Nudge-Kritikern befürchtet, werden die störrisch bleibenden Konsumenten nicht mehr nur gestupst, sondern aktiv gelenkt. Alles zu ihrem Besten.

St.Gallen, 5. September 2014

Posted in Energie, Wirtschaftsverfassung, Regulierung and tagged with Erneuerbare Energien, Energierecht, Konsumentenleitbild.

September 5, 2014 by Peter Hettich.
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