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Bild: Vorzimmer Nationalrat Wintersession 2006, Autor unbekannt, via Wikimedia Commons

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Wiederbelebung der Kartellgesetz-Revision

Bild: Vorzimmer Nationalrat Wintersession 2006, Autor unbekannt, via Wikimedia Commons

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Der von mir fälschlicherweise schon abgeschriebenen Kartellgesetzrevision (siehe "Kartellgesetzrevision im Endspiel") wurde von der vorberatenden Kommission des Nationalrates (WAK-N) überraschend neues Leben eingehaucht. Die Kommission hat sich mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung nun für den Revisionsentwurf ausgesprochen, aber die Vorlage des Ständerates abgeändert. Während die meisten umstrittenen Punkte aus der Vorlage gestrichen wurden, hat der sog. "Lieferzwang" (Art. 7a KG) in abgespeckter Form überlebt (dazu schon früher in diesem Blog: "Zweckentfremdete Kartellgesetzrevision"). Hansueli Schöchli schreibt in der NZZ:

“Demnach soll ein Lieferzwang für Anbieter im Ausland zu lokalen Bedingungen ‘nur’ bei relativer Marktmacht des Lieferanten gegenüber dem Abnehmer gelten – womit die ‘Lex Migros’ hinausfiele und an deren Stelle eine ‘Lex KMU’ träte.”

Man darf bezweifeln, dass damit ein grosser Wurf gelungen ist. Es scheint sich vielmehr um einen politischen Kompromiss zu handeln, der der Rettung der Vorlage und der Gesichtswahrung ihrer Initianten dient (so Dominik Feusi im Blog ordnungspolitik.ch). Das Konzept der relativen Marktmacht will individuelle Abhängigkeitsverhältnisse der Unternehmen von ihren Zulieferern und Abnehmern erfassen. Es ist ein deutscher Rechtsimport: Unternehmen haben relative Marktmacht, "soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen".

Sollte sich das von der WAK-N verabschiedete Konzept tatsächlich am deutschen GWB orientieren, so wird eine weitere Norm ins Kartellgesetz eingeführt, die relativ offen formuliert und in hohem Masse interpretationsbedürftig ist ("Juristenfutter" oder gemäss dem Blog wettbewerbspolitik.org "Lex Anwaltsindustrie"). Wie schon beim ursprünglichen Art. 7a fehlt es auch hier an einer sorgfältigen ökonomischen Aufarbeitung der möglichen Auswirkungen der Vorlage ("Regulierungsfolgenabschätzung").

Aus juristischer Sicht erstaunlich ist aber vor allem die Tatsache, dass das Konzept der "relativen Marktbeherrschung" schon im geltenden Kartellgesetz verankert ist, verklausuliert in Art. 4 Abs. 2 KG; das Konzept hat auch schon Anwendung gefunden (Fall Coopforte). Der Bundesrat schreibt dazu in seiner damaligen Botschaft vom 7. November 2001:

“Mit der Änderung von Artikel 4 Absatz 2 KG wird klargestellt, dass bei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens nicht allein auf Marktstrukturdaten abzustellen ist, sondern die konkreten Abhängigkeitsverhältnisse auf dem Markt zu prüfen sind. Marktbeherrschung kann insbesondere auch bei einem Unternehmen vorliegen, das im Verhältnis zu Mitbewerbern über eine überragende Marktstellung verfügt, oder bei einem Unternehmen, von welchem andere Unternehmen als Nachfrager oder Anbieter abhängig sind.”
— Bundesrat, Botschaft KG2004, 2045

Unternehmen, die relativer Marktmacht ausgesetzt sind, können entsprechend heute schon den Abschluss von Lieferverträgen zu marktgerechten Bedingungen erzwingen und sich bei der Wettbewerbskommission über "unangemessene Preise oder sonstige unangemessene Geschäftsbedingungen" beklagen. Man darf also sehr gespannt sein, ob die WAK-N die Rechtslage hier tatsächlich ändert oder nicht vielmehr einen Akt symbolischer Gesetzgebung betreibt. 

St.Gallen, 22. August 2014

 

Edit 24. August 2014: Aufgrund einer Leserreaktion sei klargestellt, dass der Rechtsimport von § 20 GWB natürlich nicht deswegen schlecht ist, weil er aus Deutschland kommt, sondern weil er vermutlich das angestrebte Ziel nicht erreichen wird (Hinweise darauf auch in der NZZ vom 23. August 2014).

Posted in Wettbewerb, Regulierung and tagged with Wettbewerbsrecht, Relative Marktbeherrschung, Hochpreisinsel, Kartellgesetz, Birrer-Heimo.

August 22, 2014 by Peter Hettich.
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Kosmetik selbst gemacht, früher (von Garabombo (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons

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KMU-freundliche Regulierung, c'est quoi?

Kosmetik selbst gemacht, früher (von Garabombo (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons

Kosmetik selbst gemacht, früher (von Garabombo (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons

Dass Mütter mit Erziehungsaufgaben nebenher noch ein kleines Kosmetik-Unternehmen betreiben, mag noch nichts Besonderes sein. Sicher beeindruckend ist aber die Vielfalt von hochwertigen, naturbelassenen Kosmetika, die hier offenbar in Kleinstmengen hergestellt und verkauft werden. Etwas überraschend kam dann diese Woche die Frage: "Mache ich mit meinen selber gemachten Naturkosmetikprodukten irgendetwas verbotenes?" An sich seltsam, denn der Bereich ist zwar reguliert, doch basiert diese Regulierung stark auf Selbstkontrolle und Selbstregulierung. Was kann hier also schon verboten sein?

Ein Geflecht von dichten Normen überzieht indessen den Bereich der Kosmetika. Zu beachten ist die Lebensmittelgesetzgebung inkl. Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung und die Verordnung des EDI über kosmetische Mittel. Die Kleinstunternehmerin – wir wollen sie hier Mona nennen – wusste, dass sie keine Heilanpreisung auf ihre Produkte drucken darf ("lindernd bei Insektenstichen" etc.). Ansonsten würde sie auch der Heilmittelgesetzgebung unterliegen und die Swissmedic auf den Plan rufen. Trotz der Umschiffung des Heilmittelgesetzes ist es beim herrschenden Normenwust nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dass Mona gegen irgendwelche gesetzliche Bestimmungen verstösst und sich strafbar macht. Strafbar macht man sich Mona nämlich schon, wenn sie irgendeine der vorgeschriebenen Angaben nicht auf die Packung druckt (Busse bis CHF 40'000).

Wahrhaft Glück hat Mona, dass sie keine Lebensmittel herstellt, denn diesfalls wären jegliche gesundheitsbezogene Angaben im Detail vorgeschrieben (Anhang 8 LKV), von "Der Verzehr von á-Cyclodextrin als Bestandteil einer stärkehaltigen Mahlzeit trägt dazu bei, dass der Blutzuckerspiegel nach der Mahlzeit weniger stark ansteigt" bis "Zuckerfreier Kaugummi mit Carbamid neutralisiert die Säuren des Zahnbelags wirksamer als zuckerfreier Kaugummi ohne Carbamid"). Jede Abweichung vom vorgegebenen Aufdruck ist bewilligungspflichtig.

All diese Vorschriften haben ausschliesslich den Grosskonzern im Blick, der diese Regulierung dank kritischer Masse ohne weiteres bewältigen kann. Dass auch Kleinsthersteller, die ihre Kundschaft dank Vertrauen gewinnen und generell kleine Produktrisiken eingehen, Lebensmittel bzw. Kosmetika auf Märkte bringen, scheint die Vorstellungskraft der Regulatoren zu sprengen. Die Folgen sind eine durch Regulierung induzierte Konzentrationstendenz im Markt, eine reduzierte Wettbewerbsintensität, eine verringerte Vielfalt an Produkten und schliesslich überhöhte Preise für die Konsumenten. Dringend vonnöten wäre eine risikobasierte Regulierung, die sich im Bereich der Kleinstunternehmen auf das Wesentliche reduziert und die Marktdynamik im nichtglobalisierten Bereich aufrecht erhält. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt für Kleinsthersteller, die sich keine teuren Anwälte leisten können, nur folgender Rat: Bleibe klein, bleibe unter dem Radar der Kontrolleure.

Posted in Regulierung, Konsumentenschutz and tagged with Lebensmittelrecht, Wettbewerb, Konsumentensouveränität.

August 8, 2014 by Peter Hettich.
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Bild von David Edgar (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 oder GFDL], via Wikimedia Commons

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Zum 1. August: Kebab, Raclette und Crêpe

Bild von David Edgar (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 oder GFDL], via Wikimedia Commons

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Eine schwierige Situation stellt sich für Raclette und Crêpe auf dem Bärenplatz. Das Polizeiinspektorat der Stadt Bern ist nämlich neu der Auffassung, dass Essen von den Verkaufsständen der Marktfahrer nur noch in Pfand- oder Mehrweggeschirr verkauft werden soll. Die Massnahme werde der Umwelt zuliebe ergriffen.

Dumm nur, dass sich die Vorschrift für Raclette und Crêpe geradezu als existenzbedrohend erweist: Niemand würde sich noch mit Raclette oder Crêpes verpflegen, wenn ein Pfand von 2 Franken bezahlt werden muss, das den Konsumenten am Flanieren hindert und an den Markstand bindet. Schlimmer aber erscheinen die Vorteile des Kebab, der dank Beduinenbrot ganz auf Verpackung verzichten kann und im neuen Regime nun klar im Vorteil ist. "Diskriminierung!" kann man laut rufen hören.

Die Beschwerde in Lausanne ist natürlich erfolglos. Ungehört bleibt das Argument, es würden täglich pro Stand nur 1 bis 1,5 kg Abfall produziert; es geht ja um das "Big Picture". Antwort schuldig bleiben die Höchstrichter auch auf die Frage, was Raclette und Crêpe mit dem zurückgegebenen Mehrweggeschirr – mangels Wasseranschluss am Bärenplatz – denn anfangen sollten.

Es kommt wohl, wie es in der Schweiz heute kommen muss: Wütend fordert das Raclette Massnahmen gegen die unfaire Konkurrenz des Kebab und will dessen Verkauf neu mit Höchstzahlen und Kontingenten steuern. Der Crêpe verweist dagegen auf seine Multifunktionalität und fordert die Stärkung der heimischen Crêpe- und Raclette-Produktion (mit Subventionsbonus für biologisch angebaute Kartoffeln und Alp-Raclette aus Hanglagen). Vereinzelte Stimmen wollen gar erreichen, dass Kebab und Raclette neu nur noch im Verhältnis 1:12 verkauft werden sollen.

Niemand jedoch fordert die Abschaffung der unsinnigen Vorschrift, die das Drama erst ausgelöst hat. Schweiz, quo vadis?

Posted in Wirtschaftsverfassung, Wettbewerb, Umwelt, Regulierung and tagged with Umweltrecht.

August 1, 2014 by Peter Hettich.
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