• Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index

regulierung.ch regulierung.ch

  • Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index
Foto: Alpha du centaure [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Foto: Alpha du centaure [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Marx, mein Cocktail-Schirmchen

Foto: Alpha du centaure [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Foto: Alpha du centaure [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

"Das Kapital ist ein Klassiker mit trauriger Aktualität", war gestern in einem Gastbeitrag der NZZ zu lesen. Marx wäre von den heutigen Krisenerscheinungen kaum überrascht gewesen, schreibt der Autor Christoph Henning, "weder vom Phänomen der Working Poor, von der Zunahme an Depressionen durch Überarbeitung, der Erosion des Zusammenlebens und des Klimas noch von den verheerenden Wirtschaftskrisen." Und wenn Marx also doch recht hatte mit seinen Krisentheorien, dann vielleicht auch mit seinen Lösungen?

Erstmals ist mir Marx nicht in seinen Schriften begegnet, sondern in seinen Auswirkungen, und zwar in Form eines Cocktail-Schirmchens. Ein solches schmückte den Fruchtdrink, den eine entfernte Verwandte bei einem Besuch bei uns in der Schweiz bestellt hatte. Mit kindlicher Neugierde beobachtete ich sie fasziniert, wie sie das Schirmchen sorgfältig abwischte und einpackte. "So etwas haben wir nicht bei uns", sagte sie, und meinte die damals noch bestehende DDR. Es war mein erster Kontakt mit einer Mangelwirtschaft.

Die Faszination der Intellektuellen für Marx wird uns weiterhin begleiten wie Jugendliche, die nicht von T-Shirts mit dem Konterfei von Che Guevara lassen wollen. Während letzteres mit jugendlichem Überschwang erklärbar wird, bleibt ersteres für mich unverständlich. Wie kann ein Mann, der fern von Fabriken zeitlebens nicht richtig für seine Familie sorgen konnte, und der vor allem von zwei Erbschaften und der Leibrente eines Fabrikantensohns lebte, das wirtschaftliche Denken so vieler Menschen prägen? Fast scheint, je spektakulärer manche Ideen scheitern, desto länger leben sie fort.

St.Gallen, 15. September 2017

Posted in Wirtschaftsverfassung and tagged with Wachstum, Demokratie, Freiheit, Sozialcharta, Wettbewerb.

September 15, 2017 by Peter Hettich.
  • September 15, 2017
  • Peter Hettich
  • Wachstum
  • Demokratie
  • Freiheit
  • Sozialcharta
  • Wettbewerb
  • Wirtschaftsverfassung
  • Post a comment
Comment
Bundesarchiv, B 145 Bild-P109963 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Bundesarchiv, B 145 Bild-P109963 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Zum Tag der Arbeit: Sozialcharta ratifizieren?

Bundesarchiv, B 145 Bild-P109963 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Bundesarchiv, B 145 Bild-P109963 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Gestern Nachmittag durfte ich anlässlich einer Tagung zu den Sozialrechten in der Schweiz den Standpunkt des Wirtschaftsrechts (und damit wohl der "Wirtschaft" generell) vertreten. Im Zentrum der Debatte steht dabei immer wieder die Europäische Sozialcharta. Diese ist gemäss den Tagungsveranstaltern "das wichtigste Dokument für den Schutz wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte auf europäischer Ebene". Obwohl der Bundesrat die Charta schon 1976 unterzeichnet hat, hat die Schweiz diese nie ratifiziert. Dabei soll die Schweiz eigentlich viele Rechte der Charta schon garantieren, weshalb einem Beitritt zu diesem Übereinkommen nichts im Wege stehe. Die Gründe für die ausbleibende Ratifikation der Sozialcharta liegen deshalb vermutlich in tieferen Schichten verborgen, die ein nur oberflächlicher Blick auf die Rechtslage nicht ergründen kann.

Die Sozialcharta beginnt mit einem "Recht auf Arbeit": "Jedermann muss die Möglichkeit haben, seinen Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit zu verdienen." Auf dieser abstrakten Stufe würde das auch der Wirtschaftsrechtler unterschreiben: Sich seinen Lebensunterhalt unabhängig von Zuwendungen von Dritten verdienen zu können, ist ein Instrument zur Verwirklichung zentraler Elemente der Menschenwürde – man könnte mutig vom "ideellen Gehalt der Wirtschaftsfreiheit" sprechen. Der Wirtschaftsrechtler denkt bei beim Recht auf Arbeit also an Freiheitsrechte, und vor allem an Marktzugang: KMU-freundliche Regulierung, Bürokratieabbau, aber auch Personenfreizügigkeit für Menschen mit einem Arbeitsvertrag in der Tasche. In diesem Sinne sind Wirtschaftsfreiheit und Sozialrechte eben gerade nicht Antagonisten, die der Sozialgesetzgeber auszubalancieren hätte, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille.

Mit diesem Begriffsverständnis war ich natürlich in der Minderheit. Auch die Verfasser der Sozialcharta bringen andere Inhalte zum Ausdruck, wie der Bundesrat 1983 in seiner Botschaft zum Beitritt (S. 1269) selbst klar darlegte:

“Konkret bedeutet dies, dass sich jeder Vertragsstaat bereit erklärt, alles zu tun, um den Arbeitsuchenden Arbeit zu beschaffen und die Anzahl vorhandener Arbeitsplätze im Rahmen des Möglichen zu erhalten. Aus dieser doppelten Zielsetzung heraus verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Ursachen der Unterbeschäftigung oder der Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Diese Bestimmung muss in ihrer dynamischen Tragweite verstanden werden: sie setzt voraus, dass sich die Regierungen im Rahmen ihrer globalen Wirtschaftspolitik stets für dieses Ziel verwenden [… z.B. durch …] konjunkturpolitische Massnahmen.”
— Bundesrat

Die Sozialcharta atmet den Geist des starken Staates, der Arbeitsplätze "schafft" oder "beschafft" und sie mit wirtschafts- und konjunkturpolitischen Massnahmen "erhält". Man klammert sich an das vermeintliche Idealbild der lebenslangen Anstellung und des Aufstiegs nach Senioritätsprinzip, alles im selben Betrieb. Gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel, der das Bild des immobilen Arbeitnehmers infrage stellen könnte, wird ignoriert. Selbständige Unternehmer, die mit neuen, innovativen Produkten und Dienstleistungen Märkte bedienen, die im Wettbewerbsprozess Arbeitsplätze aufbauen und allenfalls auch einmal abbauen müssen, sind kein Thema der Sozialcharta.

Das in der Sozialcharta zum Ausdruck gebrachte Sozialmodell ist entweder gescheitert oder existiert nicht mehr: Frankreich und Portugal, die sämtliche Bestimmungen der Sozialcharta umzusetzen versprochen haben, weisen eine Jugendarbeitslosigkeit von 24,1% bzw. 34,8% auf. Von den Zeitbomben in Griechenland und Spanien, wo mehr als die Hälfte der unter 25-jährigen keine Arbeit haben, dürfen wir gar nicht sprechen. Solange sich die Rahmenbedingungen in diesen Ländern ("ease of doing business") nicht ändern, wird auch das "Recht auf Arbeit" illusorisch bleiben.

St.Gallen, 1. Mai 2015

Posted in Wirtschaftsverfassung, Regulierung and tagged with Arbeitsrecht, War for Talent, Sozialcharta.

May 1, 2015 by Peter Hettich.
  • May 1, 2015
  • Peter Hettich
  • Arbeitsrecht
  • War for Talent
  • Sozialcharta
  • Wirtschaftsverfassung
  • Regulierung
  • Post a comment
Comment

regulierung.ch regulierung.ch

Wirtschaftsregulierung - Blog
  • Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index

Subscribe to our mailing list

* indicates required
twitter
facebook
linkedin