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Foto Ständeratssaal, Copyright: Parlamentsdienste 3003 Bern

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Verfassungsbeliebigkeit

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Diese Woche diskutierte ich mit einer Sympathisantin der Initiative "Grüne Wirtschaft". Auf meinen Einwand betreffend die doch sehr ambitionierten Ziele der Initiative (Blog hier) erwiderte sie, das Parlament würde die Initiative ja bei einer Annahme ohnehin nicht strikt umsetzen. Das sehe man auch an der Zweitwohnungsinitiative.

Wie der Kollege Bernhard Ehrenzeller am Dienstag in der NZZ festgehielt, hat das Parlament nun ein weiteres Mal den Verfassungstext eher kreativ interpretiert. Die Masseneinwanderungsinitiative (oder vornehmer: Zuwanderungsinitiative), die mit einem "Inländervorrang light" umgesetzt werden soll: "Noch nie stand die Ausführungsgesetzgebung in derart diametralem Gegensatz zur einschlägigen Verfassungsnorm als Ganzem", schliesst Bernhard Ehrenzeller treffend. Im Parlament, so müssen Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis nehmen, hat eine "Verfassungsbeliebigkeit" Einzug gehalten, die eine neue Qualität erreicht hat - trotz einiger unrühmlicher Beispiele schon aus der Vergangenheit.

Was wären die Alternativen? Der juristisch sauberste Weg wäre eine schnelle Behandlung und Abstimmung über die RASA-Initiative, die die Änderungen der Zuwanderungsinitiative rückgängig machen würde. Allerdings ist verständlich, dass sich das Parlament nicht vorbehaltlos hinter diese Initiative stellen kann - schon nur aus Angst vor dem Ausgang der Abstimmung.

Weniger elegant wäre darauf zu setzen, dass das Volk den Zuwanderungsartikel und die Bilateralen beide behalten möchte: Dann wäre dem Volk eine strikte Umsetzung der Initiative vorzuschlagen, und diese zugleich an eine Kündigung der Bilateralen zu koppeln. Bei der wahrscheinlichen Ablehnung einer solchen Vorlage entstünde ein politisches Patt; die ausbleibende Umsetzung der Initiative wäre dann zumindest erklärbar.

Sogar für das nun angestrebte Durchwursteln gäbe es wohl bessere, weil weniger verfassungsferne Alternativen. Das Parlament könnte die unglückliche Randbemerkung des Bundesgerichts (BGE 142 II 35, Erwägung 3), wonach das Gericht dem Freizügigkeitsabkommen immer den Vorrang vor abweichendem Gesetzesrecht einräumen will, clever ausnutzen: Die vom Parlament festgelegten "Höchstzahlen und Kontingente" würden in gerichtlichen Verfahren ja ohnehin nicht standhalten.

“Auch im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen hat das Bundesgericht entschieden, dass diesem gegenüber bewusst abweichendem Gesetzesrecht der Vorrang zukommt.”
— BGE 142 II 35, E. 3

Nach der schweizerischen Staatskonzeption ist das Parlament Hüterin der Verfassung: Mit dem nun angestrebten Kompromiss bei der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative nimmt das Parlament diese Rolle nicht mehr wahr; es diskrediert sich selbst.

St.Gallen, 16. September 2016

Posted in Wirtschaftsverfassung and tagged with Parlament, Demokratie, Gesetzgebung.

September 16, 2016 by Peter Hettich.
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Teletext = Internet: Nun sag, wie hast du’s mit der Verfassung?

"Nun sag, wie hast du’s mit der Verfassung? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“ Diese abgewandelte Gretchenfrage hat mich fast angesprungen, als sich Roger de Weck in einer wirklich hervorragenden Rede mit einer Verfassungsauslegung versuchte (nachzulesen auch hier): Gemäss seiner Auffassung ebne die Verfassung der SRG auch den Verbreitungsweg des Internets. Damit sei der Internetauftritt der SRG mit Videoplayer und Newsportal auch demokratisch legitimiert. Roger de Weck schliesst: "Einstweilen gilt der heutige Verfassungsartikel, den Kritiker weit weg vom Wortlaut interpretieren."

Wer geneigt ist, den Wortlaut von Art. 93 der Verfassung tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen, wird jedoch zu anderen Schlüssen kommen. Die SRG wird in dieser Bestimmung mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr ist von "Radio- und Fernsehen" insgesamt die Rede. Zur Verbreitung medialer Inhalte im Internet sagt die Verfassung nur (aber immerhin), dass der Bund diese Art der Verbreitung regulieren dürfe (Abs. 1). Betreffend den Service Public spricht die Verfassung jedoch explizit nur das Radio und Fernsehen an (Abs. 2).

Freilich gibt es dennoch Juristen wie z.B. den ehemaligen Direktor des BAKOM Martin Dumermuth, die es als möglich erachten, dass der Gesetzgeber einen Leistungsauftrag auch für das Internet vorsieht. Eine solche Auslegung kann sich jedoch nicht direkt auf den Wortlaut stützen, sondern muss nach den Regeln der Juristenkunst umständlich aus weiteren Indizien abgeleitet werden: So z.B. per Analogieschluss, wonach der Teletext (für die Millennials: siehe Bild oben) so etwas ähnliches wie das Internet sei. Es ist entsprechend eine Wertungsfrage, ob man solche Indizien höher gewichten will als den klaren Wortlaut der Verfassung. Roger de Weck ist also recht zu geben, wenn er bei dieser Frage einen Juristenstreit ausmacht; es ist jedoch klar seine Rechtsauffassung, die fern vom Verfassungswortlaut steht, nicht diejenige seiner Kritiker. Die Basis seiner Schlussfolgerungen ist insofern offensichtlich falsch.

St.Gallen, 9. September 2016

Posted in Medienregulierung, Innovation and tagged with Audiovisuelle Medien, Digitalisierung, Demokratie, Medienfreiheit, Grundversorgung, Internet, Innovation.

September 9, 2016 by Peter Hettich.
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Foto: Kommissionsberatung, Copyright bei Parlamentsdienste 3003 Bern

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Audiovisuelle Medien: Service Public Debatte kommt in Gang

Foto: Kommissionsberatung, Copyright bei Parlamentsdienste 3003 Bern

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In Einlösung seines Versprechens, die Debatte über den Service Public der SRG nach der Abstimmung über die Haushaltsabgabe (RTVG Revision vom 26. September 2014) wieder aufzunehmen, hat der Bundesrat am 17. Juni 2016 einen Bericht verabschiedet. Der Bundesrat kommt darin "zum Schluss, dass sich für unsere von sprachlicher und kultureller Verschiedenartigkeit geprägte direkte Demokratie das bestehende Modell mit der SRG als grosser, in allen Sprachregionen verankerter Anbieterin bewährt hat und dieses den Service public in hoher Qualität gewährleistet. Das Modell eignet sich auch für die Zukunft am besten." Mit anderen Worten soll danach das vor über 80 Jahren geschaffene Rundfunksystem auch im digitalen Zeitalter optimale Ergebnisse erzielen.

Politisch erscheint die eher defensive Haltung des Bundesrates verständlich. In einer von mir mitverfassten Studie haben wir einen offensiveren Ansatz vertreten (früherer Blog hier). Danach hat die Digitalisierung die Medienmärkte grundlegend verändert. Informationen werden heute nicht mehr nur über Print, Radio und Fernsehen verbreitet, sondern in verschiedensten Formaten auch über das Internet. Diese technische Entwicklung lässt die unterschiedlichen Medien konvergieren. Die privaten Medien und die staatlich subventionierten audiovisuellen Angebote der SRG stehen heute untereinander in intensivem Wettbewerb. Dies führt zu erheblichen Marktverzerrungen, die die Medienvielfalt je länger, je stärker bedrohen.

Zumindest in diesem Punkt scheint die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) grossmehrheitlich unsere Ansicht zu teilen. Die Kommission hat die Verwaltung beauftragt, den Bericht des Bundesrates zu ergänzen. Es sei detailliert abzuklären, wo ein Marktversagen vorliege, welches staatliches Eingreifen bzw. ein öffentliches Angebot rechtfertige? Zu prüfen sei der bewusste Verzicht auf Leistungen, welche der Markt bereits anbietet (d.h. Verzicht auf fiktionale Unterhaltungsprogramme, d.h. eingekaufte ausländische Filmproduktionen und Serien; Grossanlässe nur, wenn nicht im Markt angeboten etc.). Ausserdem seien die effektiven Auswirkungen von Wettbewerbsverzerrungen auf andere Radio- und Fernsehveranstalter sowie andere Medienformen (Online-Plattformen etc.) zu untersuchen.

Die nationalrätliche Kommission setzt mit diesem Auftrag einen starken Kontrapunkt zu der vom Bundesrat angestrebten Beibehaltung des status quo. Die Diskussion darüber, welche Leistungen in der audiovisuellen Grundversorgung im digitalen Zeitalter noch öffentlich finanziert und welche Wettbewerbsverzerrungen dafür in Kauf genommen werden sollen, ist damit - doch etwas unvermutet - ernsthaft lanciert.

St.Gallen, 2. September 2016

Posted in Medienregulierung, Wettbewerb and tagged with Audiovisuelle Medien, Subventionen, Medienfreiheit, Digitalisierung, Grundversorgung, Innovation, Internet.

September 2, 2016 by Peter Hettich.
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