• Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index

regulierung.ch regulierung.ch

  • Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index
"Swiss National Council Session" by Peter Mosimann - Swiss Parliament web site. Licensed under Copyrighted free use via Wikimedia Commons

"Swiss National Council Session" by Peter Mosimann - Swiss Parliament web site. Licensed under Copyrighted free use via Wikimedia Commons

Gute Vorsätze des Parlaments

"Swiss National Council Session" by Peter Mosimann - Swiss Parliament web site. Licensed under Copyrighted free use via Wikimedia Commons

"Swiss National Council Session" by Peter Mosimann - Swiss Parliament web site. Licensed under Copyrighted free use via Wikimedia Commons

Auch staatliche Organe treibt zum Jahreswechsel die Suche nach guten Vorsätzen um. Ein Ansatzpunkt für Selbstverbesserung ist die Gesetzgebung, und zwar nicht nur qualitativ (siehe hier der Beitrag von Alain Griffel), sondern schon rein quantitativ. Die Amtliche Sammlung enthält für das Jahr 2014 ganze 4022 Seiten an neuer Gesetzgebung des Bundes. Diese produktive Leistung wird keineswegs dadurch geschmälert, dass viele dieser Gesetzesseiten einfach bestehendes Recht ändern, aufheben und damit nicht unbedingt "neu" sind. Im Bundesblatt wurden weitere 9792 Seiten Text veröffentlicht, wovon sich ein Grossteil an das Parlament richtet und neue Gesetzgebung vorbereitet. 

Da war im Jahr 2014 ein eindrücklicher Papierberg zu bewältigen. Diese knapp 14'000 Seiten müsste eine Parlamentarierin wohl mindestens lesen, um ihr Amt voll ausüben zu können. Diese Seiten machen allerdings nur einen Bruchteil des Papiers aus, das im Gesetzgebungsprozess geschrieben und gedruckt wird. Lesen müssten die Parlamentarier wohl viel viel mehr. Studierende der Universität müssen an die zehn Seiten Text pro Stunde lesen, verstehen und lernen können. Bei einem Arbeitstag von 8.4 Stunden sind das knapp 167 Tage (33.5 Wochen), welche die Parlamentarierin ins Lesen investieren muss - und dann hat sie sich erst mit der Meinung der Bundesverwaltung befasst! Die Vernehmlassungen aus Bevölkerung, Verbänden und Nichtregierungsorganisationen sind also noch nicht verarbeitet.

Dazu kommen die Sitzungen. im Jahr 2014 fanden die vier üblichen, ordentlichen Sessionen von je 3 Wochen statt. Der Nationalrat hatte noch eine Sondersession von einer Woche, also insgesamt 10 Wochen Debatten und Abtimmungen im Plenum. Nun werden aber die wichtigen politischen Entscheide ohnehin in den vorberatenden Kommissionen gefällt, die sich 3-4 Tage im Quartal treffen. Viele Parlamentarier dürften Mitglied von zwei solchen Kommissionen sein. Das Arbeitsjahr ist damit aufgebraucht. Dennoch soll das Ganze als Milizparlament funktionieren. Die Parlamentarier sollen also auch einen Beruf ausüben, neben Parlament und sonstiger politischer Arbeit.

Nun wird hier jeder seine eigenen Prioritäten setzen. Einige Parlamentarier werden die ihnen zugesandten Dokumente gewissenhaft lesen, um dossiersicher über neue Gesetze beraten zu können. Einige andere Parlamentarier werden das schlicht nicht tun bzw. nicht tun können. Die obige Milchbüchleinrechnung macht deutlich, dass ein Teil der Parlamentarier nur rudimentär Ahnung über die Materie gehabt haben dürfte, die im Jahr 2014 in den Räten zur Abstimmung kam. Für die Vorsätze im neuen Jahr dürfte dies heissen: Weniger tun, dafür richtig.

St.Gallen, 2. Januar 2015

Posted in Regulierung, Rechtssicherheit and tagged with Rechtssicherheit, Gesetzgebung, Parlament.

January 2, 2015 by Peter Hettich.
  • January 2, 2015
  • Peter Hettich
  • Rechtssicherheit
  • Gesetzgebung
  • Parlament
  • Regulierung
  • Rechtssicherheit
  • Post a comment
Comment
Asbestfasern, Foto von Ravaka (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Asbestfasern, Foto von Ravaka (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Verjährungsrecht als Menschenrecht

Asbestfasern, Foto von Ravaka (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Asbestfasern, Foto von Ravaka (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Diese Herbstsession hat sich der Nationalrat über die Revision des Verjährungsrechts gebeugt und am 25. September 2014 schliesslich bestimmte Anpassungen beschlossen. Die Diskussion wird beeinflusst von einem Urteil des Menschenrechtsgerichtshof vom 11. März 2014; dieser hat bei einem Asbestopfer die Verjährungsfristen aufgrund der Spätschäden als zu kurz angesehen (Howald Moor und Andere v. Schweiz). Das Verjährungsrecht müsse die Geltendmachung solcher Spätschäden ermöglichen, ansonsten sei das Menschenrecht auf einen Zugang zu einem Gericht verletzt (Art. 6 EMRK). Das Gericht legt die Verfahrensgarantie damit ziemlich sportlich aus, ist doch aus deren Wortlaut kaum eine entsprechende Aussage abzuleiten.

Unter anderem soll nun die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren bei Körperverletzungen oder Tötungen von Menschen verlängert werden. Der Bundesrat wollte eine Frist von 30 Jahren, der Nationalrat hat nun eine Verlängerung auf 20 Jahre beschlossen. Beides wird dem Menschenrechtsgerichtshof nicht genügen, weil er eine flexible Verjährungsfrist bei Härtefällen fordert. Dies war auch einigen Parlamentariern bewusst, die als Minderheitsanträge Verjährungsfristen bis zu 50 Jahren in die Debatte einbrachten. Solch lange Fristen erscheinen lebensfremd; so ist z.B. der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen schädigender Handlung und einem Krebsleiden nach 50 Jahren kaum noch zu erbringen.

Für einen in zivilrechtlichen Verjährungsfristen unbewanderten Verwaltungsrechtler wie mich ist diese Diskussion ein Nebenschauplatz. Angesichts der überragenden Bedeutung von Art. 6 EMRK für die schweizerische Rechtsentwicklung ist viel spannender, wie die Richter in Strasbourg - einschliesslich der Schweizer Richterin - in den Verjährungsfristen eine Verletzung dieser Norm erblicken können. In Art. 6 EMRK ist von der Verjährung nicht die Rede. Kommt hinzu, dass die Zuordnung der Verjährung zu dieser Verfahrensgarantie einige dogmatische Luftsprünge erfordert, da diese üblicherweise nicht dem Verfahrensrecht zugeordnet wird. Das Gericht setzt hier allerdings nicht nur ein neues Beispiel für seine expansive Auslegung der Menschenrechtskonvention. Es folgt auch einer allgemeinen Tendenz in der Staatsrechtslehre, mehr und mehr konkrete Vorgaben aus den doch sehr offen formulierten Verfassungs- und Konventionstexten zu lesen. Ein solches Vorgehen sprengt schnell den Rahmen zulässiger juristischer Auslegung. Wenn in jedem Rechtsproblem auch ein Verfassungsproblem erblickt wird, so könnte man darin auch - nach der schon vollzogenen "Machtergreifung des öffentlichen Rechts" - eine unzulässige "Machtergreifung der Verfassungsrechtler" erblicken.

“Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. [...]”
— Art. 6 Abs. 1 EMRK

St.Gallen, 10. Oktober 2014

Posted in Rechtssicherheit, Regulierung and tagged with Risiko, Rechtssicherheit.

October 10, 2014 by Peter Hettich.
  • October 10, 2014
  • Peter Hettich
  • Risiko
  • Rechtssicherheit
  • Rechtssicherheit
  • Regulierung
  • Post a comment
Comment
Loot and Extortion - Foto by Chris Hoare [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

Loot and Extortion - Foto by Chris Hoare [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

"Regulatory Inflation"und der schwindende Strafcharakter von Geldbussen

Loot and Extortion - Foto by Chris Hoare [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

Loot and Extortion - Foto by Chris Hoare [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons

Der Mai setzte neue Rekorde in der Geschichte der Bussen gegen fehlbare Unternehmen. Zunächst hat die Credit Suisse am 20. Mai 2014 angekündigt, ihren Steuerstreit mit den amerikanischen Behörden gegen ein Schuldeingeständnis und eine Strafzahlung von USD 2,6 Mia. beilegen zu können. Die Bank BNP Paribas wird für ihre mutmasslichen Verstösse gegen amerikanische Sanktionen betreffend Iran vermutlich einiges tiefer in die Tasche greifen und zwischen USD 8-10 Mia. bezahlen müssen. Schliesslich wurde am 29. Mai bekannt, dass die brasilianischen Wettbewerbsbehörden sechs Zementkonzerne wegen Behinderungspraktiken zu Bussen von gesamthaft USD 1,4 Mia. verpflichten. Angesichts dieser Zahlen erstaunt nicht, dass der Begriff "Regulatory Inflation" heute nicht nur das Wachstum an gesetzlichen Vorschriften, sondern auch das stetige Ansteigen der verhängten Geldbussen bezeichnet.

Wer denkt, dass die hier betroffenen Unternehmen lediglich ihre (dunkle) Vergangenheit bewältigen und der Bussenreigen einmal ein Ende haben muss, täuscht sich. Es ist weitaus naheliegender anzunehmen, dass die Gegenwart von heute einmal ebenso mit Bussen aufgearbeitet werden wird. Dies aus folgenden Gründen:

  • Die hier verfolgten Gesetzesverstösse gründen meist in komplexen Regelwerken und relativ undurchsichtigen bis unverständlichen Gesetzesnormen, die das Zulässige vom Unzulässigen nicht mehr scharf trennen. Das Rechtmässige lässt sich vom Unrechtmässigen nur noch in Grauschattierungen unterscheiden. Auf der sicheren Seite ist der Unternehmer kaum mehr, will er nicht gänzlich untätig bleiben (Siehe schon dieser Blog zum "Umgang mit Rechtsrisiken (oder: warum Küchenmesser verboten sind)";
  • Eine Gegenwehr der Unternehmen findet nicht statt, Rechtsmittel werden nicht ergriffen. Die Gründe dafür sind vielschichtig und wurden auch schon hier thematisiert ("Finma - Unchallenged Power"). Bei Strafverfahren kommt hinzu, dass viele Unternehmen solche nicht jahrelang "überlebend" überstehen können. Dies verleiht den Vollzugsbehörden zusätzliche Anreize, Verstösse gegen die unklaren Normen mit immer höheren Bussen zu ahnden.
  • Gerade im Falle des Wettbewerbsrechts sind die offenen Normen auch vortrefflich zur Durchsetzung wettbewerbsfremder, wirtschaftspolitischer Ziele geeignet und die in diesem Bereich verhängten Bussen erscheinen als vorzügliches Mittel zur Alimentierung knapper Staatsfinanzen (siehe dazu etwa die ökonomische Kritik von Markus Saurer an den brasilianischen Bussen gegen die Zementfirmen; sodann die Sicherung von Arbeitsplätzen durch die südafrikanischen Wettbewerbsbehörden in der Fusion Glencore/Xstrata). Es bleibt auch das ungute Gefühl, dass zumindest in dieser Phase ausländische Unternehmen härter als inländische angepackt werden (siehe den Economist hier und hier).
  • Die bezahlten Bussen erscheinen so zunehmend als unvermeidliche "Costs of Business" der Tätigkeit im betreffenden Markt. Bezahlt werden die Bussen indirekt von Kunden und Aktionären. Auf die Vergütungen der leitenden Organe haben die Bussen zumindest im Finanzbereich keinen offensichtlichen Einfluss. An eine persönliche Verantwortung sind die Strafen und das Schuldeingeständnis des Unternehmens offenbar nicht gekoppelt. Eine Strafverfolgung oder ein Rückgriff auf die direkt oder indirekt Verantwortlichen geschieht sichtlich nur in Einzelfällen. Damit verlieren die Bussen auch ihren Strafcharakter.

Posted in Rechtssicherheit, Regulierung and tagged with Rechtssicherheit, Risiko, Wettbewerbsrecht.

June 6, 2014 by Peter Hettich.
  • June 6, 2014
  • Peter Hettich
  • Rechtssicherheit
  • Risiko
  • Wettbewerbsrecht
  • Rechtssicherheit
  • Regulierung
  • 1 Comment
1 Comment
Newer
Older

regulierung.ch regulierung.ch

Wirtschaftsregulierung - Blog
  • Blog
  • About
  • Impressum
  • Inhalte & Index

Subscribe to our mailing list

* indicates required
twitter
facebook
linkedin