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Foto von Zigorio (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

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Vollgeld - Vollblöd

Foto von Zigorio (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

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"Vollgeld für sichere Bankguthaben" war am Montag in der Kommentarspalte des St.Galler Tagblatts zu lesen. Der Beitrag stammt von Mark Joób, Habilitand am Institut für Wirtschaftsethik der HSG und Mitinitiator der Vollgeldinitiative. Was die Vollgeldinitiative anbieten soll, ist nichts weniger als ein Heilsversprechen: Einerseits die Rettung vor den gierigen und unverantwortlichen Banken, anderseits die vollständige Indienststellung der Geldschöpfung für die Zwecke der Staatsfinanzierung. Selbst in konservativen Blättern geniesst die Initiative aufgrund ihres Sicherheitsversprechens sichtliches Wohlwollen (FuW, NZZ). Wer jedoch die Initiative im Wortlaut näher studiert, wird dieses Wohlwollen revidieren müssen.

Heute ist die Geld- und Kreditversorgung eine von Staat und Privaten gemeinsam getragene Verantwortung. Das heutige System, welches private Geldschöpfung (beschränkt) zulässt, ist durchaus mit Risiken belastet. Aufgrund der Gefahr von Kreditblasen ist es nicht überraschend, dass sich die Ökonomen über "Vollgeld" nicht einig sind und dass sogar der Währungsfonds mit Gedanken spielt, die in eine ähnliche Richtung gehen. Die Initianten wollen jedoch weit mehr, als das Finanzsystem bloss sicherer zu machen; sie wollen in ganz grundsätzlicher Weise ändern, wie Unternehmen und Haushalte künftig investieren.

Rolle der Banken im Vollgeldsystem

Es ist bemerkenswert, dass die Initianten den Bankenartikel in der Bundesverfassung unangetastet lassen. Sie erwecken so den Eindruck, als sei das Bankensystem nach Annahme der Vollgeldinitiative nach wie vor von der Privatwirtschaft zu organisieren. Der Bankenartikel wird von der Initative jedoch ausgehebelt: Neu solle der Bund "die Versorgung der Wirtschaft mit Geld und Finanzdienstleistungen [gewährleisten]. Er kann dabei vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen." Wie ein Mitinitiant schon früher einmal in der WOZ gefordert hat, wird der Finanzmarkt dadurch zu einem "Service Public". Der Finanzmarkt wird also zu einer vom Staat zu organisierenden Angelegenheit.

Der Bund wäre sogar befugt, die Kreditvergabe direkt zu steuern, im Extremfall über eine im Monopol agierende Staatsbank, da ja die Wirtschaftsfreiheit im Bereich der Finanzdienstleistungen nicht mehr gelten soll. Soweit der Bund private Banken noch weiter dulden würde, wären diese blosse Vertriebsstellen für das allein vom Bund geschaffene "Vollgeld". Andere Finanzierungsquellen dürfte es kaum noch geben: Gemäss dem Wortlaut der Vollgeldinitiative soll der Bund ja nicht nur Münzen und Banknoten schaffen, sondern sich auch die Kontrolle über das sog. Buchgeld aneignen. Andere Zahlungsmittel sind gemäss Initiative nur noch beschränkt zulässig bzw. zu bewilligen und zu beaufsichtigen.

Rolle der Haushalte und der Wirtschaft im Vollgeldsystem

Die Vollgeldinitiative will, dass der Bund die "Geschäftsbedingungen der Finanzdienstleister" gesetzlich regelt. Sie verlangt auch, dass die Nationalbank die Vollgeldmenge steuert und "das Funktionieren des Zahlungsverkehrs sowie die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten durch die Finanzdienstleister" gewährleistet. Der Bund müsste daher gewisse Vorstellungen darüber entwickeln, wer zu welchen Bedingungen und wofür Kredite erhält.

Die Kreditvergabe an die Unternehmen und Haushalte bzw. deren Investitions- und Konsumentscheide werden so unter den Vorbehalt des "Gesamtinteresses" gestellt. Kredite für den Hausbau? Aber bitte nur, wenn auch eine Photovoltaikanlage installiert wird! Kredite für den Ausbau der Fabrik? Nur unter dem Vorbehalt, dass auch genügend Lehrlinge ausgebildet und Corporate Social Responsibilty Standards eingehalten werden! Kredite zur Rettung von politisch gut vernetzten, aber unfähigen Unternehmern? Zukünftig kein Problem mehr!

Mit der staatlichen Kontrolle über das Geld und die Kreditvergabe erreicht die Vollgeldinitiative fast das, was zwei der Initianten schon 2011 gefordert haben: Sie wollen nämlich die Eigentumsrechte unter den Vorbehalt des öffentlichen Interesses stellen. Private Vermögensrechte sollen nach ihren Vorstellungen nur dann geschützt sein, wenn "alle am Kapitalbildungsprozess Beteiligten auch am Ergebnis angemessen berechtigt werden; das Kapital auf sozial- und umweltgerechte Weise genutzt wird; und es nicht zur Verzerrung politischer Prozesse oder zur unsachgemässen Einflussnahme auf amtliche Entscheide dient." Wer soll aber die Verwendung des Kapitals nach diesen Prinzipien steuern? Natürlich auch hier der Bund.

Schritte zum Helikoptergeld

Das von der "neuen" Nationalbank gedruckte Geld soll über den Bund oder über die Kantone oder direkt über die Bürger in Verkehr gebracht werden. Der Bund soll mit dem Geld öffentliche Aufgaben finanzieren, die Bürger die Realwirtschaft ankurbeln. Wieviel Geld in Umlauf gebracht wird, soll die Zentralbank weiterhin "unabhängig" entscheiden. Wie sich die Nationalbank aber dem unvermeidbaren politischen Druck, mehr Geld für gute Werke zur Verfügung zu stellen, entziehen können soll, ist völlig unklar. Kann sie es nicht stellt sich die Frage, wer bei der zu erwartenden Geldschwemme noch auf die Stabilität von solchermassen geschaffenem Papiergeld vertrauen soll?

Dass sich eine Zentralbank realpolitischen Zwängen nicht entziehen kann, sehen wir ja schon eindrücklich in Europa, wo die EZB ihr geldpolitisches Mandat immer weiter ausdehnt. Auch in der Schweiz ist der Katzenjammer gross, wann immer die Nationalbank auf eine Gewinnausschüttung an Bund und Kantone verzichtet. Die Inititanten wollen nun - unbekümmert von derzeitigen Entwicklungen in Europa - die Risiken der privaten Buchgeldschöpfung beseitigen, indem sie diese gänzlich dem (gutmeinenden) Staat anvertrauen. Man kann ob dieser grenzenlosen Gutgläubigkeit und Naivität nur erstaunt sein.

Die Vollgeldinitiative ist ein Wolf im Schafspelz. Sie verspricht Sicherheit vor einem risikobehafteteten Finanzsystem. Als Gegenleistung sollen wir den Staat mit unermesslicher Macht ausstatten und auf persönliche und unternehmerische Freiheiten verzichten. Der Preis, den die Initianten für diesen (vermeintlichen) Schutz vor Finanzkrisen verlangen, ist offensichtlich zu hoch.

St.Gallen, 28. Oktober 2016

Posted in Infrastrukturrecht, Finanzverfassung, Wirtschaftsverfassung and tagged with Eurokrise, Geldpolitik, Finanzmarktrecht.

October 28, 2016 by Peter Hettich.
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One (wo)man, two votes? Stimmfaule sind anders zu motivieren!

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Nach der Brexit-Abstimmung wurde schnell geltend gemacht, die Jugend, welche für den Verbleib in der EU gestimmt habe, würde um ihre Zukunft betrogen. Die Diskussion führte auch zu einem interessanten Vorschlag von Regierungsrätin Jacqueline Fehr: Demgemäss würde das Gewicht der Stimmen der Jungen verdoppelt, da die Jungen auch die Resultate der Urnenentscheide (er-)tragen müssten. Der Vorschlag bedarf einer - wohl chancenlosen - Änderung von Art. 136 Abs. 1 BV, ist aber auch aus anderen Gründen abzulehnen.

Ich persönlich halte wenig davon, die (eher apolitischen) Millennials in ihrer Abstimmungsträgheit noch damit zu belohnen, dass sie gegenüber anderen Altersgruppen mehr Stimmgewicht erhalten. Wer am 23. Juni in Grossbritannien nicht abstimmen ging, dem war die Frage des Verbleibs in der Europäischen Union wohl egal. Es gäbe jedoch einen anderen Weg, den "Digital Natives" in demokratischen Abstimmungen mehr entgegen zu kommen. Beispielsweise könnte man durch eine Anpassung des Auszählungsvorgangs das Problem von knappen Zufallsmehrheiten angehen, welches in der Schweiz auch häufig vorkommt.

Die persönliche Stimmabgabe an der Urne (Art. 5 Abs. 3 BG über die politischen Rechte) ist ein Relikt aus dem analogen Zeitalter und diente in dieser Zeit der ordnungsgemässen Organisation der Wahlen und Abstimmungen. Durch die vorzeitige und briefliche Stimmabgabe (Art. 7 f. BPR) ist das Abstimmungsprozedere schon länger nicht mehr auf einen Tag fokussiert, sondern wurde zu einem längeren Prozess umgeformt. Ausgezählt werden die Stimmen aber erst nach der Schliessung der Urnen, wodurch in einer analogen Welt das Abstimmungsgeheimnis bestmöglich gewahrt werden kann.

In einer digitalen Welt gibt es für dieses Vorgehen wenig Gründe. Mit der heute grundsätzlich möglichen elektronischen Stimmabgabe (Art. 8a BPR) könnten die abgegebenen Stimmen öffentlich aggregiert werden, ohne dass das Abstimmungsgeheimnis tangiert ist. Dies würde der trägen Masse der Abstimmungsabstinenten ein Signal geben, dass sie sich in umstrittenen Sachvorlagen vielleicht doch noch an die (elektronische) Urne bewegen sollten. Weitergehend könnte man auch den "taktisch" Abstimmenden bis zur Schliessung der (elektronischen) Urnen Gelegenheit geben, ihre Stimme nochmals zu ändern. Die Wahlbeteiligung in umstrittenen Vorlagen und die Legitimität des Abstimmungsresultats würden dadurch steigen; die Resultate könnten nicht mehr leichthin als "Zufallsmehr" abgetan werden.

St.Gallen, 1. Juli 2016

 

Posted in Innovation, Regulierung and tagged with War for Talent, Freiheit, Durchsetzungsinitiative, Demokratie, Eurokrise, Europa.

July 1, 2016 by Peter Hettich.
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Bild: The Electoral Commission

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Brexit: Unsere Lektion aus dem Spiel mit dem Feuer

Bild: The Electoral Commission

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Eine Mehrheit der Briten - sprich der Engländer und Waliser - will den "Brexit". Das Ergebnis ist knapp und das Land in mehrfacher Hinsicht gespalten. Die Auswirkungen des Austritts sind unklar, wie auch, was überhaupt ein "Leave" bedeutet. Umso überraschender ist es, dass die Briten sich tatsächlich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden haben.

Unterstellt man den involvierten Staatsführern, dass sie nun hoffentlich persönliche Animositäten auf die Seite schieben und eine an der Sache ausgerichtete Politik betreiben können, so wird Grossbritannien auch nach einem "Austritt" mit Europa verbunden bleiben. Das Arbeiten mit Drohszenarien schürt hier unnötig Ängste ("ein Exempel statuieren") und war hoffentlich nur Teil des politischen Kalküls (Daily Mirror gestern: "Don't take a leap into the dark... vote REMAIN today"). Die Unsicherheit über die Zukunft hätte an sich die Chancen der Befürworter des Status Quo stärken sollen.

Bei der "europäischen Frage" sind in ganz Europa Parallelen auszumachen. Über das gesamte Spektrum der etablierten Regierungsparteien zieht sich grundsätzlich ein Konsens des "Pro Europa". Wer Europa als primär wirtschaftliches Integrationsprojekt und damit dem politischen Ziel einer "ever closer union" skeptisch gegenüber steht, kann diese differenzierte Präferenz in Wahlen kaum äussern. Die Strategie von David Cameron, sich einmalig und ad hoc einen besseren "Deal" zu sichern, war vor diesem Hintergrund von vornherein unglaubwürdig; vielmehr hätte er die europäischen Fragen basierend auf einer langfristig angelegten europapolitischen Strategie angehen sollen. Das Fehlen ausdifferenzierter europapolitischer Positionen schafft Raum für populistische Parteien, meist am rechten Rand des Spektrums, welche die Europäische Union in allen Facetten ablehnen. Diese Entwicklung ist nicht nur mit Blick auf den politischen Diskurs bedauerlich. Wie sich nun zeigt, ist das Denken in "Pro/Contra" auch eine ungewisse Wette darauf, dass sich in jedem Mitgliedstaat der Union langfristig eine proeuropäische Mehrheit an der Macht halten kann. Dies ist jedoch nun sehr unsicher.

Was sind die Lektionen daraus für die Schweiz? Die Parteien spalten sich hierzulande nicht mehr in zwei Lager "Pro" und "Contra" EU, sondern in zwei Lager "Pro" und "Contra" Bilaterale. Was die bilateralen Verträge angeht, müssen auch die Schweizer Stimmbürger bald schwierige Fragen beantworten. Vor dem Hintergrund, dass die bilateralen Verträge breite Unterstützung, ein Beitritt zur EU aber mehrheitlich abgelehnt wird, ist die Suche nach einem "grand bargain" bei den Bilateralen ein gefährliches Spiel. Würde ein weitreichendes institutionelles Abkommen mit einer verfassungsfernen Lösung für die Zuwanderung und gleichzeitig einem Erhalt der bilateralen Verträge verknüpft, erscheint der Ausgang einer solchen Abstimmung keineswegs als gewiss. Wer weiss schon, wie die Schweizerinnen und Schweizer entscheiden, wenn sie - wie gestern die Briten - mit einem "Alles oder Nichts"-Paket konfrontiert werden?

St.Gallen, 24. Juni 2016

Posted in Wettbewerb, Wirtschaftsverfassung and tagged with Eurokrise, Europa, Globalisierung, Wahlen.

June 24, 2016 by Peter Hettich.
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