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Auch der Nationalrat mag keinen Stilton - Ein Beitrag zu "Cassis De Dijon"

Vergangenen Mittwoch hat der Nationalrat nach einer längeren Debatte die Abschaffung des "Cassis De Dijon"-Prinzips für Lebensmittel beschlossen. Ursprung der Vorlage ist eine Initiative aus der Feder des FDP-Nationalrates Jacques Bourgeois (siehe schon früher hier: "Mag Jacques Bourgeois keinen Stilton?"); Unterstützung fand die Vorlage aber in allen Parteien, vor allem bei SVP und Grünen. Ein besonderes Kränzchen zu winden ist hier Prisca Birrer-Heimo, die sich für ein Nichteintreten stark machte.

Neben den aus meiner Sicht vorgeschobenen Konsumentenschutzinteressen wurde in der Eintretensdebatte mehrfach vorgebracht, Cassis De Dijon habe ja gar keine Wirkung entfaltet und führe zu einem grossen administrativen Aufwand. Hier könnte man allerdings auch den Zeigefinger erheben und sagen: Das Parlament wollte von Anfang an, dass der Lebensmittelimport nicht frei stattfindet und mit behördlichen Hürden verbunden bleibt.

"Cassis De Dijon" bedeutet eigentlich, dass ein Produkt in der ganzen EU frei verkauft werden kann, sofern es in seinem Herkunftsland rechtmässig in Verkehr gebracht wurde. Das "Cassis De Dijon"-Prinzip bringt das Vertrauen zum Ausdruck, dass alle europäischen Staaten für ausreichenden Gesundheits- und Konsumentenschutz besorgt sind. Nur in dieser Form entfaltet das Prinzip durchschlagende Wirkung; nur in dieser Form ist der Warenverkehr nicht mit Bürokratie verbunden.

Der Schweizer Gesetzgeber hat Cassis De Dijon nie verwirklicht. Die gesetzlichen Regelungen dazu sind Etikettenschwindel: Lebensmittel aus der EU können gerade nicht frei vermarktet werden; deren Einfuhr untersteht einer Bewilligungspflicht, die an erhebliche Voraussetzungen geknüpft ist. Dass auf diese Weise kein freier Warenverkehr für Lebensmittel einsetzen konnte, ist entsprechend keine Überraschung, sondern beabsichtigte Folge. Dass die resultierende Marktabschottung zu einer Reduzierung der Auswahl an Produkten und zu Preiserhöhungen für die Konsumenten führt, hat im Parlament dieser Legislaturperiode offenbar nur geringes Gewicht.

St.Gallen, 8. Mai 2015

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May 8, 2015 by Peter Hettich.
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"Blue Stilton cheese" by Jon Sullivan (Public Domain via Wikimedia Commons)

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Mag Jacques Bourgeois keinen Stilton?

"Blue Stilton cheese" by Jon Sullivan (Public Domain via Wikimedia Commons)

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Der Bundesrat hat sich letzte Woche entschlossen, Lebensmittel vom "Cassis-de-Dijon-Prinzip" nicht auszunehmen. Dafür verdient er Lob und Schelte zugleich. Hoch anzurechnen ist dem Bundesrat, dass er dem kaum verdeckten Protektionismus zugunsten einheimischer Hersteller paroli bietet. Enttäuschend ist aber, dass der Bundesrat diesem Protektionismus nicht weitere Riegel schiebt und entsprechend das "Cassis-de-Dijon-Prinzip" konsequent umsetzt.

"Cassis-de-Dijon" bedeutet, dass ich europäische Produkte auch in der Schweiz uneingeschränkt vermarkten kann. Davon profitiert zunächst einmal der Konsument, weil er nun wesentlich günstigere und vielfältigere Produkte einkaufen kann. Davon profitiert auch der Detailhandel, der seine Kundschaft nicht ins grenznahe Ausland abwandern sehen muss. Leiden müssen freilich einheimische Lebensmittelbetriebe, und zwar in erster Linie diejenigen, die ihren höheren Preis nicht mit höherer Qualität rechtfertigen können.

Der Gesetzgeber hat Cassis-de-Dijon im Bereich der Lebensmittel nie konsequent umgesetzt. Europäische Lebensmittel müssen vor der Vermarktung in der Schweiz bewilligt werden. Das schwächt den Wettbewerbsdruck und bedeutet, dass ein Lebensmittelbetrieb für zu hohe Preise oder zu tiefe Qualität nicht mehr bestraft wird. Für die Konsumenten ist das natürlich schlecht.

Kein Parlamentarier würde das so wie ich formulieren. Jacques Bourgeois (FDP, Fribourg) begründet seinen Wunsch nach Abschaffung der semifreien Zirkulation von Lebensmitteln natürlich mit Konsumenteninteressen. Auch die WAK-N sieht das so: Die Konsumenten würden getäuscht, da qualitativ minderwertige Lebensmittel über die gleiche Sachbezeichnung wie Schweizer Produkte (z.B. "Käse") in Verkehr gebracht werden dürften.

Diese Konsumenteninteressen sind vorgeschoben. Der Konsument kann durchaus zwischen "Vacherin Fribourgeois" und einem "Blue Stilton" unterscheiden. Was Konsumenten bevorzugen, ist Geschmackssache. Auch wenn natürlich nichts über eine St.Galler Kinderfestbratwurst (ohne Senf) geht, so ist doch bis anhin noch kein Schweizer an einer Berliner Currywurst gestorben. Wer den Konsumenten ernst nimmt, der behindert seinen Einkauf nicht mit überschiessenden regulatorischen Vorschriften, sondern überlässt ihm die freie Wahl.

St.Gallen, 30. Januar 2015

Posted in Konsumentenschutz, Regulierung, Wettbewerb and tagged with Lebensmittelrecht, Hochpreisinsel, Konsumentensouveränität, Parallelimporte.

January 30, 2015 by Peter Hettich.
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Zurück auf Feld zwei bei der Kartellgesetzrevision

"Zusammen mit Herrn Peter Hettich, Professor der Universität St. Gallen, bitte ich Sie zu beschliessen, auf diese 'verunglückte Hüftschussrevision' nicht einzutreten", sagte Alec von Graffenried im Nationalrat vom 6. März 2014.  Ob trotz oder wegen dem Votum, der Nationalrat folgte ihm mit 106 zu 77 Stimmen. Dieser Blog hat die Kartellgesetzrevision aufmerksam verfolgt, aber nie offen für ein Nichteintreten geworben:

  • Zu Art. 7a unter dem Titel "Zweckentfremdete Kartellgesetzrevision"
  • Zur verschärften Praxis bei Vertikalabreden unter dem Titel "Zahnpasta"
  • Zum Nichteintretensantrag der WAK-N unter dem Titel "Ist die Kartellgesetzrevision noch zu retten?"

Es scheint, als ob die Revision nicht mehr zu retten sei. Nachfolgend mein wohl abschliessender Kommentar zum Revisionsprozess, der gestern in der Handelszeitung erschienen ist:

Nach dem Nichteintreten des Nationalrats am vergangenen Donnerstag wird die Kartellgesetzrevision aller Voraussicht nach scheitern. Die Schweiz bleibe eine "Hochpreisinsel", wurde in der Folge verschiedentlich getitelt; eine Zeitung stellte die 106 "fehlbaren" Politiker gar an einen virtuellen Pranger. Das Kartellgesetz ist jedoch kein taugliches Instrument für beliebige wirtschaftspolitische Anliegen und vermutlich auch ungeeignet für eine Korrektur des Preisniveaus. Vielmehr erwies sich die schon pendente Revision für den Bundesrat und die Räte als ein gerade passendes Ventil für den aus der Frankenstärke entstehenden politischen Handlungsdruck.

An sich war der Revisionsprozess in einer Weise aufgegleist, um eine "Kaperung" durch die Tagespolitik zu verhindern. Auftakt bildete ein im Dezember 2008 veröffentlichter Evaluationsbericht, dessen Handlungsempfehlungen im Juni 2010 Eingang in einen Vorentwurf fanden. Was die Revision jetzt wohl zum Scheitern bringen wird, war denn auch weder im Evaluationsbericht noch im Vorentwurf enthalten. Nachdem jedoch der Franken am 9. August 2011 beinahe Parität mit dem Euro erreichte, beschloss der Bundesrat eine inhaltliche Neuausrichtung der Vorlage. Entgegen den Empfehlungen der Experten sollte das Gesetz verschärft werden («per-se-Verbot» für harte Abreden). Nach einer kurzen konferenziellen Vernehmlassung wurden die Eckpfeiler der Revision im November 2011 vom Bundesrat entsprechend neu fixiert. Im Dezember 2011 folgte der Nationalrat dieser Stossrichtung, indem er die Motion Birrer-Heimo zu unzulässigen Preisdifferenzierungen gegenüber dem Ausland annahm. Dieser unheilvollen Dynamik wollte sich auch der Ständerat nicht entziehen, der die Vorlage als Erstrat behandelte.

Anders als der Vorentwurf stand die vom Nationalrat zu behandelnde Vorlage nicht mehr auf ökonomisch gesichertem Terrain. So fordern Ökonomen bei Vertikalabreden eine Einzelfallprüfung, was auch dem Trend in der internationalen Rechtsentwicklung entspricht. Der Bundesrat dagegen schlug in seinem Entwurf eine Beweislastumkehr vor, die sich ähnlich einem Verbot ausgewirkt hätte. Er erhoffte sich von dieser Verschärfung einen Preisdruck auf Markenprodukte, die im Ausland teilweise wesentlich günstiger erhältlich sind. Dieser Hoffnung wurde freilich die Basis entzogen, als das Sekretariat der Wettbewerbskommission (Weko) bei den Markenartikellieferanten weder unzulässige Preisabreden noch Anhaltspunkte für Behinderungen von Parallelimporten entdecken konnte. Ohnehin hat die Weko ihre Praxis im Bereich der Marktabschottung (Parallelimporte) schon vor Anlaufen des Revisionsprozesses verschärft ("per-se-Erheblichkeit"). Diese Verschärfung ist sowohl bei Juristen als auch bei Ökonomen umstritten, wurde jedoch kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht geschützt. Folgt das Bundesgericht dieser neuen Praxis, so wird die Revision bei den Vertikalabreden vorweg genommen und an sich überflüssig.

Der vom Ständerat verabschiedete Art. 7a KG zur "unzulässigen Behinderung des Einkaufs im Ausland" hätte das Arsenal der Weko wohl nicht entscheidend verstärkt. Ein solcher faktischer Lieferzwang ist wettbewerbspolitisches Neuland und in seinen Wirkungen unvorhersehbar. Statt den Wettbewerb zu schützen, hätte die Weko diesen in Form von Lieferkonditionen und Preisvorgaben regulieren müssen. Dies würde den Zweck des Kartellgesetzes – die Förderung eines wirksamen Wettbewerbs – pervertieren. Es erscheint unverantwortlich, dass der Ständerat diese Norm ohne vertiefte Prüfung im Gesetz verankern wollte.

Auch wenn das Nichteintreten wohl nicht dem ordnungspolitischen Gewissen des Nationalrats zu verdanken ist, öffnet dieses doch den Weg zurück auf "Feld zwei": die Empfehlungen des Evaluationsberichts. Neben der Professionalisierung der Weko ist namentlich die Reform der zu permissiven Zusammenschlusskontrolle voranzutreiben. Diese fördert Marktkonzentrationen, die zum hohen Preisniveau in der Schweiz beitragen. Eine Bekämpfung der "Hochpreisinsel" bedingt aber auch den Abbau internationaler Marktzutrittsschranken, z.B. durch konsequente Umsetzung von "Cassis de Dijon" und durch internationalen Agrarfreihandel.

Posted in Regulierung, Wettbewerb and tagged with Birrer-Heimo, Hochpreisinsel, Wettbewerb, Preisregulierung, Kartellgesetz, Parallelimporte, Wettbewerbsrecht.

March 14, 2014 by Peter Hettich.
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