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Foto: Titel 20minuten vom 13. Oktober 2016

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Zuwanderungsinitiative: Keine Quadratur des Kreises versuchen

Foto: Titel 20minuten vom 13. Oktober 2016

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Wie gebannt starrt die politische Schweiz auf ein juristisches «Non-Paper» aus Brüssel, welches sich mit dem Vorschlag des Nationalrates zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative befasst (Beiträge in NZZ, SRF, etc.). Der sog. «Inländervorrang light» wird in diesem Papier nicht unvermutet kritisiert. Das «Non-Paper» hat zwar an sich keinen bindenden, formalen oder rechtlichen Status; es trägt vermutlich nicht einmal einen offiziellen Briefkopf, Stempel oder Unterschrift. Dennoch eröffnet das Non-Paper wieder die vom Nationalrat vermeintlich geschlossene zweite «Front»: Der Rat muss sich nun nicht nur mit der Verfassungskonformität seines Vorschlags befassen, sondern auch mit dessen Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen.

Die Quadratur des Kreises, so darf man annehmen, ist nun unmöglich geworden. Man muss zur Kenntnis nehmen: Es gibt eben ein Quadrat, und es gibt einen Kreis, und diese wollen manchmal nicht miteinander vereinbart werden (siehe dazu schon früher hier). In verschiedenen Meinungsbeiträgen der letzten Wochen wurde oft – wohl bewusst – ignoriert, dass es sich bei Völkerrecht und Landesrecht um gänzlich verschiedene Rechtskörper handelt. Die Unterschiede sind jedoch offensichtlich, wenn man nur schon die Entstehung, Auslegung, Umsetzung und die Durchsetzung des Völkerrechts betrachtet. Das mit sehr schwachen Sanktionen bestrafte Verhalten von Russland auf der Krim und in Syrien möge als Beispiel dafür dienen, woran das Völkerrecht im Vergleich zum Landesrecht krankt.

Wer dagegen Völkerrecht und Landesrecht als einzigen monolithischen Rechtskörper ansieht, kann wie Astrid Epiney, Guisep Nay und wohl auch gewisse Bundesrichter (BGE 139 I 16, BGE 142 II 35) versucht sein, dem Völkerrecht in der Anwendung absoluten Vorrang einzuräumen. Diese Juristen können sich auf die Wiener Vertragsrechtskonvention berufen, wonach völkerrechtliche Verträge zu erfüllen sind und Vertragsverletzungen nicht unter Berufung auf entgegenstehendes Landesrecht gerechtfertigt werden können. Die Konvention erscheint soweit einleuchtend: Wenn ich mich gegenüber einer anderen Partei zu etwas verpflichte, so kann ich mich diesen Pflichten nicht einseitig durch Erlass entgegenstehender Gesetze entledigen – das ist nichts anderes als gesunder Menschenverstand. Implizit bringt die Vertragsrechtskonvention jedoch genau die Spaltung zwischen Völkerrecht und Landesrecht zum Ausdruck: Widersprüche zwischen Landesrecht und Völkerrecht kann es geben. Es bedarf dann eines innerstaatlichen Willenselements dahingehend, welchem Recht bei (unauflösbaren) Konflikten der Vorrang einzuräumen ist.

Aufgrund fehlender klarer Verfassungsvorgaben, der fortbestehenden Souveränität der Nationalstaaten sowie der unvollkommenen Natur des Völkerrechts wohnt diesem «Vorrangsentscheid» notwendigerweise ein politisches Element inne. Ebenso hat der Entscheid der in ihren Rechten verletzten Vertragspartei, wie zu reagieren ist, notwendigerweise politischen Charakter. Insoweit kann es auch im Völkerrecht eine «Theorie des effizienten Vertragsbruchs» geben. Wer dieses politische Element bei der Auslegung völkerrechtlicher Verträge nicht berücksichtigt, läuft Gefahr, politische Fragen als rechtlich zu verbrämen. Dies betrifft etwa die Frage, ob die Schweiz das Freizügigkeitsabkommen selbst kündigen muss, wenn sie die Zuwanderungsinitiative strikt umsetzen möchte. Gerade bei diesem Beispiel werden politisch zu beantwortende Fragen oft mit festen rechtlichen Vorgaben verwechselt; das ist nicht nur methodisch als falsch anzusehen, sondern lässt auch die juristische Argumentation beliebig - nämlich politisch - werden. So ist auch die Vereinbarkeit des «Inländervorrangs light» mit der Verfassung nur politisch erklärbar, aber rechtlich eben gerade nicht argumentierbar. Letztlich schadet, wer das politische nicht vom rechtlichen trennen mag, dem Ansehen der Rechtswissenschaft und der Glaubwürdigkeit des juristischen Berufsstands.

Es ist in diesem Sinne Aufgabe des Juristen, unauflösbare Konflikte zwischen Völkerrecht und Landesrecht anzumahnen und die Folgen solcher Konflikte aufzuzeigen. Es ist Aufgabe des Parlaments, die «konfliktbeladene Suppe» als im Kern politische Frage auszulöffeln. Ist diese Suppe wie vorliegend offensichtlich zu heiss, so sollte sich besser nicht der Rechtswissenschafter die Zunge daran verbrennen.

St.Gallen, 14. Oktober 2016

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October 14, 2016 by Peter Hettich.
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Aktienkurs Deutsche Bank über die letzten 10 Jahre (Quelle: Börse Frankfurt)

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Deutsche Bank: Opfer moderner Wegelagerei

Aktienkurs Deutsche Bank über die letzten 10 Jahre (Quelle: Börse Frankfurt)

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Die deutsche Bank erscheint seit kurzem in schwerer Schieflage. Am 16. September 2016 wurde bekannt, dass das US Department of Justice vom Geldhaus eine Summe von USD 14 Mia. verlangen soll, für Geschäfte in Hypotheken vor der Finanzkrise. Der Aktienkurs ist seither zeitweise unter EUR 10 gefallen, ein seit Jahren unerreichter Tiefstand. Mittlerweile haben sich sowohl die Forderungen der USA gemässigt als auch der Aktienkurs erholt. Gleichzeitig wird auf die deutsche Bank vor allem aus dem heimischen Deutschland munter weiter eingeprügelt: Die Titel «Wem nützt die Deutsche Bank» (Spiegel vom 1. Oktober 2016), «Albtraum Deutsche Bank» (Spiegel vom 28. September 2016) und «Aufstieg und Fall einer Größenwahnsinnigen» (Spiegel vom 1. Oktober 2016) lassen kaum auf differenzierte Berichterstattung hoffen. Sogar der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wettert gegen die Deutsche Bank.

Einen Gefallen tut sich der Minister damit nicht. Einiges deutet darauf hin, dass die deutsche Bank immer noch «too big to fail» ist, also bei einem Zusammenbruch vom Staat gerettet würde. Insofern wäre es doch bittere Ironie, wenn diese Staatshilfe vor allem dafür verwendet werden müsste, die anstehende Busse des DOJ zu bezahlen und so den amerikanischen Fiskus zu alimentieren (ausgerechnet das Land, in dem die heutige Dauerkrise seinen Ursprung nahm!). Als fast schizophren erscheint es, von den Banken den Aufbau angemessener Eigenkapitalpolster zu fordern und sie gleichzeitig immer wieder für Missetaten zur Ader zu lassen. Missetaten übrigens, die in keiner Weise rechtsstaatlich genügend ausgewiesen sind, und deren Beilegung in intransparenten Verhandlungen mittels geheimer Vergleiche erfolgt. Die immer höheren Bussenforderungen treffen hierbei nicht die eigentlich «Verantwortlichen», sondern vor allem den Steuerzahler, die Bankkunden und die Aktionäre.

Die Fehler einiger Banken in der Vergangenheit sollen hier keinesfalls schöngeredet werden. Doch ist die Deutsche Bank keineswegs allein Opfer der eigenen spekulativen Geschäfte. Statt sich also darüber zu freuen, dass das Herz des deutschen Kapitalismus allenfalls bald ein Ende findet, wäre vielmehr dem Bussenreigen gewisser Behörden vor allem im amerikanischen Rechtskreis Widerstand entgegen zu setzen. Es ist ungeachtet der Verfehlungen nur billig, für das Vorgehen gegen Geldinstitute einwandfreie gesetzliche Grundlagen, klare Zuständigkeiten und rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren einzufordern. Der heutige Zustand ähnelt demgegenüber nichts Anderem als moderner «Wegelagerei».

St.Gallen, 7. Oktober 2016

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October 7, 2016 by Peter Hettich.
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Foto Ständeratssaal, Copyright: Parlamentsdienste 3003 Bern

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Verfassungsbeliebigkeit

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Diese Woche diskutierte ich mit einer Sympathisantin der Initiative "Grüne Wirtschaft". Auf meinen Einwand betreffend die doch sehr ambitionierten Ziele der Initiative (Blog hier) erwiderte sie, das Parlament würde die Initiative ja bei einer Annahme ohnehin nicht strikt umsetzen. Das sehe man auch an der Zweitwohnungsinitiative.

Wie der Kollege Bernhard Ehrenzeller am Dienstag in der NZZ festgehielt, hat das Parlament nun ein weiteres Mal den Verfassungstext eher kreativ interpretiert. Die Masseneinwanderungsinitiative (oder vornehmer: Zuwanderungsinitiative), die mit einem "Inländervorrang light" umgesetzt werden soll: "Noch nie stand die Ausführungsgesetzgebung in derart diametralem Gegensatz zur einschlägigen Verfassungsnorm als Ganzem", schliesst Bernhard Ehrenzeller treffend. Im Parlament, so müssen Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis nehmen, hat eine "Verfassungsbeliebigkeit" Einzug gehalten, die eine neue Qualität erreicht hat - trotz einiger unrühmlicher Beispiele schon aus der Vergangenheit.

Was wären die Alternativen? Der juristisch sauberste Weg wäre eine schnelle Behandlung und Abstimmung über die RASA-Initiative, die die Änderungen der Zuwanderungsinitiative rückgängig machen würde. Allerdings ist verständlich, dass sich das Parlament nicht vorbehaltlos hinter diese Initiative stellen kann - schon nur aus Angst vor dem Ausgang der Abstimmung.

Weniger elegant wäre darauf zu setzen, dass das Volk den Zuwanderungsartikel und die Bilateralen beide behalten möchte: Dann wäre dem Volk eine strikte Umsetzung der Initiative vorzuschlagen, und diese zugleich an eine Kündigung der Bilateralen zu koppeln. Bei der wahrscheinlichen Ablehnung einer solchen Vorlage entstünde ein politisches Patt; die ausbleibende Umsetzung der Initiative wäre dann zumindest erklärbar.

Sogar für das nun angestrebte Durchwursteln gäbe es wohl bessere, weil weniger verfassungsferne Alternativen. Das Parlament könnte die unglückliche Randbemerkung des Bundesgerichts (BGE 142 II 35, Erwägung 3), wonach das Gericht dem Freizügigkeitsabkommen immer den Vorrang vor abweichendem Gesetzesrecht einräumen will, clever ausnutzen: Die vom Parlament festgelegten "Höchstzahlen und Kontingente" würden in gerichtlichen Verfahren ja ohnehin nicht standhalten.

“Auch im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen hat das Bundesgericht entschieden, dass diesem gegenüber bewusst abweichendem Gesetzesrecht der Vorrang zukommt.”
— BGE 142 II 35, E. 3

Nach der schweizerischen Staatskonzeption ist das Parlament Hüterin der Verfassung: Mit dem nun angestrebten Kompromiss bei der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative nimmt das Parlament diese Rolle nicht mehr wahr; es diskrediert sich selbst.

St.Gallen, 16. September 2016

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September 16, 2016 by Peter Hettich.
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