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Klärungen im Kartellrecht durch BMW?

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Letzten Freitag hat das Bundesverwaltungsgericht den lange erwarteten Kartellrechtsentscheid in Sachen BMW veröffentlicht. Dabei wurde der vorinstanzliche Entscheid der Wettbewerbskommission bestätigt: Ein wichtiges Signal, das der Weko erlaubt, weiterhin gegen Gebietsabschottungen und die Verhinderung von Parallelimporten vorzugehen. Neben diesem wichtigen "politischen" Signal durften die Kartelljuristen auch mit Spannung erwarten, wie sich das Gericht zur Frage der "Erheblichkeit" äussern würde. Mit anderen Worten ging es bei BMW auch darum, ob ein Kartell schon allein wegen der Gebietsabschottung verboten werden kann oder ob auch negative Wirkungen im Markt tatsächlich nachgewiesen werden müssen. In diesem Punkt ist es dem Gericht leider nicht gelungen, eine Klärung herbeizuführen.

Mittlerweile sind drei Urteilsserien des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, die sich ausführlich mit der Frage der "Erheblichkeit" auseinandersetzen. Die erste Serie war schon Gegenstand eines früheren Beitrags: Wir erinnern uns an die zwei Zahnpasta-Urteile (dazu hier im Blog) vom 19. Dezember 2013 (B-463/2010 i.S. Gebro Pharma GmbH und B-506/2010 i.S. Gaba International AG), in denen sich zur Erheblichkeit folgende Aussage findet:

“Zwar ist grundsätzlich die Erheblichkeit einer Abrede anhand qualitativer und quantitativer Kriterien zu bestimmen. Im vorliegenden Fall genügt allerdings bereits die qualitative Erheblichkeit, .... Wenn nämlich das Kartellgesetz selbst in Art. 5 Abs. 4 KG statuiert, dass solche Verbote vermutungsweise den Wettbewerb beseitigen, so ist a maiore ad minus grundsätzlich auch deren qualitative Erheblichkeit zu bejahen, unabhängig von allfälligen quantitativen Kriterien. Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtslage in der Europäischen Union ... .”
— B-463/2010, E. 11.1.4, und B-506/2010, E. 11.1.8

Knapp ein Jahr später, am 23. September 2014, hat das Bundesverwaltungsgericht zwei weitere Urteile zu (horizontalen) Wettbewerbsabreden bei Baubeschlägen gefällt (B-8399/2010 i.S. Siegenia-Aubi AG und B-8404/2010 i.S. SFS unimarket AG). Zur "Erheblichkeit" macht das Urteil folgende Aussage, die quer zu den früheren Entscheiden steht:

“Im Zusammenhang mit der Frage nach dem rechtsgenüglichen Nachweis von bestehendem Restwettbewerb gilt es an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur EU, in der seit dem 1. Mai 2004 auf Wettbewerbsbeschränkungen eine Verbotsgesetzgebung mit Legalausnahme Anwendung findet, in der Schweiz statt per se-Verboten eine Missbrauchsgesetzgebung gilt (...). Folglich hat die Vorinstanz de lege lata in jedem Einzelfall nachzuweisen, dass der Wettbewerb durch die fragliche Abrede erheblich beeinträchtigt wird. Zum heutigen Zeitpunkt besteht im schweizerischen Kartellrecht somit keine per se-Erheblichkeit, weshalb die Auswirkungen von Absprachen auf dem Markt durch die Vorinstanz zu untersuchen sind.”
— Urteil B-8399/2010, E. 6.1.3

Das Urteil hat zu heftigen und kritischen Reaktionen in der Lehre geführt; unter anderem zu nennen ist ein Beitrag eines ehemaligen Kollegen an unserer Universität im Jusletter. Aufgrund des Artikels sah sich ein Richter, der im Spruchkörper beider Entscheide Einsatz hatte, gar zu einer Replik veranlasst - ein relativ ungewöhnlicher Vorgang. Man würde daher erwarten, dass das Gericht im Fall BMW die Gelegenheit zur Klärung der entstandenen Kontroverse nutzen würde. Das gelingt dem Gericht aber nur insofern, als dass es seine zuerst geäusserte Meinung in den Zahnpastafällen bestätigt:

“Wenn das Gesetz bei ihrem Vorliegen die Vermutung statuiert, dass sie den wirksamen Wettbewerb beseitigen, so ist a maiore ad minus davon auszugehen, dass sie sich auch erheblich auf den Wettbewerb auswirken...”
— Urteil B-3332/2012, E. 9.1.4
“Das Bundesverwaltungsgericht stellt nach dem Gesagten fest, dass das in den Händlerverträgen der Beschwerdeführerin statuierte Exportverbot eine qualitativ erhebliche Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Damit handelt es sich, wie hiervor ausgeführt, auch insgesamt um eine den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abrede.”
— Urteil B-3332/2012, E. 9.1.5

Das erhebliche Verwirrung stiftende Siegenia-Aubi Urteil wird in dieser Erwägung aber leider nicht diskutiert, sondern einfach ignoriert. Nur an anderer Stelle, bei der Auseinandersetzung mit den formellen Rügen, erfolgt eine Abgrenzung zu Siegenia. Damit bleibt weiterhin unklar, in welchen Zusammenhängen welches Erheblichkeitskonzept Anwendung finden kann. Das Gericht versäumt auch, sich grundsätzlich mit der Übertragbarkeit der Europarechts auf die schweizerische Kartellrechtsauslegung auseinanderzusetzen. So hat das Bundesgericht im Mobilterminierungsurteil i.S. Swisscom (BGE 137 II 199 E. 4.3) relativ deutlich die Auffassung geäussert, dass das schweizerische Kartellrecht grundsätzlich autonom und nicht parallel zum europäischen Recht auszulegen sei. Wie in früheren Urteilen setzt sich das Bundesverwaltungsgericht aber nicht mit den Argumenten des Bundesgerichts auseinander und macht dennoch vielfältige Bezüge zur europäischen Rechtspraxis. Insgesamt lässt das Gericht also eine weitere Gelegenheit zur Klärung dieser grundsätzlicher Fragen verstreichen. Zu hoffen ist, dass das Bundesgericht den Konflikt bei den hängigen Beschwerden in Sachen Gaba und Gebro aufgreift.

St.Gallen, 11. Dezember 2015

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December 11, 2015 by Peter Hettich.
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Grafik: Corinne Bromundt; Copyright: HSG Focus

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Zerstörung ohne Schöpfung

Grafik: Corinne Bromundt; Copyright: HSG Focus

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Der Prozess der fortwährenden Erneuerung der Wirtschaft ist in der alten Welt ins Stocken geraten. Anbei meine Kolumne im Unimagazin HSG Focus von dieser Woche, ein Plädoyer für eine Wiederherstellung unternehmerischer Freiräume.

Schon Mitte des vergangenen Jahrhunderts beschrieb Joseph Schumpeter den Wettbewerb als «Prozess der schöpferischen Zerstörung». Innovationen seien der Auslöser eines fortwährenden Mutationsprozesses in der Wirtschaft, der alte Strukturen zerstört und unaufhörlich neue schafft. Schumpeter sah diesen Wandlungsprozess nicht als schädlich an, sondern vielmehr als Herzstück – als das für eine Marktwirtschaft «wesentliche Faktum». Im Abstrakten ist dies für jeden einleuchtend: Das Rad ersetzte Träger und Sänften, der Traktor ermöglichte das Pflügen ohne Pferd, das Smartphone trat an die Stelle des Natel C – und das ist gut so, werden wir wohl alle sagen. Schöpferische Zerstörung führt aber auch dazu, dass sich nur die Hälfte der Unternehmen im aktuellen SMI schon bei dessen Lancierung am 30. Juni 1988 im Index fand. Im Dow Jones Industrial Average steht seit dem 26. Mai 1896 einzig die General Electric Company als unverrückbarer Fels in der Brandung.

Verständliche Existenzängste

Für den einzelnen können solche Anpassungsprozesse schmerzhaft sein. In meiner Heimatgemeinde, dem aargauischen Koblenz, übten die Fährleute jahrhundertelang das Monopol für den Warentransport zur nahen Zurzacher Messe aus. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn und der Auflösung der Messe verloren die Schiffer jedoch ihre Existenzgrundlage; die «Stüdlergenossenschaft» löste sich 1858 auf. Ich selbst kann mich auch gut an die Existenzängste erinnern, die meinen Vater – und manch andere – während der Krisenjahre der reformunfähigen Brown, Boveri & Cie. plagten. Die vielen, nervenaufreibenden Entlassungswellen in dieser Zeit gingen für ihn glücklicherweise ohne Folgen vorüber. Heute säumen dennoch keine arbeitslosen Ingenieure die Strassen im aargauischen Baden. Nicht unvermutet gibt es auch keine arbeitslosen Fährleute in Koblenz. Dabei hat die – in vielen Dingen eher kleingeistige – Dorfgemeinschaft ausser Albert Stoll, der 1872 den Bürostuhlhersteller Stoll Giroflex AG gegründet hat, keine grossen Unternehmer hervor gebracht.

Keine Aufbruchstimmung

Seit 2007 – man mag es nicht mehr hören – steht Europa nun in einer Krise, die mit dem Platzen einer Immobilienblase in den USA begann und sich über eine Liquiditätskrise des Bankensystems zu einer europäischen Schuldenkrise gemausert hat. Die angerichtete Zerstörung ist unermesslich; jedoch würde man erwarten, dass dadurch auch Raum für neue Unternehmen entsteht. Während die Welt die Krise hinter sich lässt, ist jedoch in Europa von Aufbruchsstimmung nichts zu spüren. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, Europa würde einen Berg von Problemen mit der Absicht vor sich herschieben, diese hoffentlich bald einmal einer neuen Generation (von Politikern?) aufbürden zu können. Bestrebt darin, das Bestehende vor Zerstörung zu schützen, verschliesst sich Europa möglichen Innovationen und den damit einhergehenden Chancen – und dennoch kann es den Zerfall nicht aufhalten. Der Prozess der fortwährenden Erneuerung der Wirtschaft ist in der alten Welt ins Stocken geraten: Zerstörung ohne Schöpfung. Niemanden darf das überraschen.

Verklagen statt konkurrieren

Unmittelbar nach der Unternehmensgründung legen wir unseren Jungunternehmern einen Mühlstein aus arbeits-, steuer-, lebensmittel-, umwelt-, bau-, energie- und immaterialgüterrechtlichen Vorschriften um den Hals – und wundern uns, dass da niemand durchstarten oder gar abheben kann. Der deutsche Politiker Christian Lindner ätzte jüngst, dass Apple-Gründer Steve Jobs in Deutschland schon an der Baunutzungsordnung seiner Garage gescheitert wäre; das Lachen bleibt uns Schweizern im Halse stecken, wenn wir merken, dass dies hier rechtlich genauso wäre. Das Regulierungsdickicht führt dazu, dass potenziell disruptive Innovatoren von eingesessenen Konkurrenten eher verklagt werden, als dass mit ihnen der Wettbewerb aufgenommen würde. Unternehmen mit grossen Investoren im Rücken wie Uber können es sich leisten, schon unmittelbar nach Markteintritt einen juristischen Abnützungskampf zu führen – das normale Start-up hingegen wird die Waffen strecken. Politisch gut vernetzte Unternehmen dürfen allenfalls auf ein Plätzchen im Innovationspark hoffen, solange sie sich gesellschaftlich verantwortungsvoll verhalten und darüber auch regelmässig Bericht ablegen.

«Wachstumspakte»

Die Erneuerungsunfähigkeit des sklerotischen Europa hat sich tief in unseren Köpfen eingebrannt: Wer junge Entrepreneure in Shanghai, San Francisco und Mumbai fragt, wo das nächste «Google» gegründet werde, wird ein stolzes «hier» als Antwort erhalten. Unternehmer in Europa werden das nächste Google aber in Shanghai, San Francisco oder eben Mumbai entstehen sehen. Innovationen werden hierzulande lieber demokratisch ausdiskutiert statt umgesetzt. Schöpferische Akte sind bewilligungspflichtig. Thomas Piketty hat nach seiner beissenden Kapitalismuskritik gut daran getan, den Orden der «Légion d’Honneur» mit dem Ratschlag an die französische Regierung zurückzuweisen, sie solle sich doch bitte auf die Wiederbelebung des Wachstums konzentrieren. Statt einer nachhaltigen Wachstumspolitik kündigt die europäische Politik jedoch lieber Investitions- und Wachstumspakte an, die nur aufgrund ihrer stetig wachsenden finanziellen Dimension noch medienwirksam verkündet werden können. Wahre Entrepreneure werden dieses Geld – soweit es denn zusammengekratzt werden kann – nicht in Anspruch nehmen; es wird ihnen zutiefst zuwider sein, den notariell beglaubigten Finanzierungsantrag in dreifacher Ausfertigung zu verfassen.

Gutschweizerischer Pragmatismus

Die fortwährende Krise in Europa sollte die Schweizer nicht zu Müssiggang verleiten, sondern sie vielmehr dazu anhalten, mit Blick auf die dynamischen Staaten von ihren Volksvertretern stetige Verbesserungen der Rahmenbedingungen einzufordern. So weist auch der Schweizer Bürokratiemonitor eine immerwährend steigende administrative Belastung auf. Der Reformstau, vor allem im Bereich der Gesundheitspolitik und Altersvorsorge, ist erheblich. Derweil erscheint die Schweiz aufgrund des starken Frankens und der andauernden Niedrigzinspolitik als angeschlagen. Nun bemüht sich die Verwaltung zwar punktuell um eine «Regulierung light» im Bereich der KMU. Auch sind der elektronische Geschäftsverkehr, one-stop-shop und customer focus für die Verwaltung keine fremden Konzepte mehr. Nötig wäre jedoch darüber hinaus die Schaffung weitreichender, über verschiedenste Regulierungsbereiche anwendbarer Ausnahmebereiche für Kleinunternehmen. Regulierung sollte sich bei «KU» also auf die notwendigsten Kernbestimmungen beschränken, in der Umsetzung begleitet von einer guten Portion des bewährten, gutschweizerischen Pragmatismus. Wer auf diese Weise unternehmerische Freiräume wiederherstellt, darf auch erleben, dass das übernächste Google in der Schweiz – in irgendeiner Garage im Toggenburg – geschaffen wird.

St.Gallen, 11. September 2015

 

Der Beitrag von dieser Woche ist am Mittwoch im Unimagazin HSG Focus erschienen. Die September-Ausgabe des Magazins gehört dem Thema "Wahlen". Nicht zuletzt aus Anlass des Eidgenössischen Urnengangs in diesem Herbst natürlich.

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September 11, 2015 by Peter Hettich.
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Foto: Norbert Aepli [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

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Anwaltswerbung am Hockeymatch?

Foto: Norbert Aepli [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

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Bei Heimspielen der NLA-Eishockeymannschaft des EHC Biel machte ein Anwalt auf relativ aussergewöhnliche Weise Werbung für seine Kanzlei: Der Stadionsprecher kündigte die Spielerstrafen jeweils mit einer Ansage an, worauf auf den grossen LED-Screens ein Werbeflash ausgestrahlt wurde. Darin erschien das Firmenlogo, der Name des Anwalts sowie seine Berufsbezeichnung (Rechtsanwalt). Zusätzlich wurde der Slogan "aues was rächt isch... - tout ce qui est droit..." mit den Domainamen der Kanzlei eingeblendet. Der Rechtsanwalt wurde für diese "reisserische" Werbung verwarnt, was vom Bundesgericht bestätigt wurde. Das Urteil lässt mich persönlich etwas ratlos zurück. Nachfolgend Auszüge meiner Urteilsbesprechung, die kürzlich im Schweizerischen Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht publiziert wurde:

Das hier besprochene Urteil hat in den Medien viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, obwohl das Bundesgericht die vom Gesetz gesetzten Grenzen als "klar gesprengt" ansah. Das Höchstgericht betrachtete die beanstandete Werbung "an einem Sportanlass in der vorliegenden Form … von vornherein als reisserisch" und daher unzulässig. Erst vor kurzem schon hatte das Bundesgericht die beleuchtete Fassadenanschrift eines Advokatur- und Notariatsbüros in der Stadt Zug als rechtswidrig qualifiziert. Endgültig klar scheint nun, dass das Anwaltsgesetz über das allgemeine Lauterkeitsrecht hinausgehende Anforderungen stellt und jede "reisserische, aufdringliche und marktschreierische Methode" der Werbung unterbindet. Unzulässig bleibt also bspw. "sensationelles und reklamehaftes Sich-Herausstellen gegenüber Berufskollegen" (BGE 123 I 17). "Ansehen und Erfolg [soll] nicht durch Reklame", sondern "mittels Tüchtigkeit" erlangt werden (BGE 125 I 422).

Über Werbung können potenziellen Kunden Qualitäts- und Preismerkmale kommuniziert werden; signalisiert wird also eine überlegene oder preisgünstigere anwaltliche Dienstleistung. Solche Produkt- und Preiswerbung ist kaum anzutreffen und dürfte rechtlich verpönt sein. Im Gegensatz dazu steht die Imagewerbung, die das nach aussen dargestellte Unternehmensprofil schärfen soll. Bei der gängigen Anwaltswerbung handelt es sich fast durchgehend um Imagewerbung, welche auf die Positionierung der Person des Anwalts bzw. der Kanzlei zielt. Es sind dies Zeitungsanzeigen für neue Partner, Broschüren, Newsletter, Beiträge in den Massenmedien und zunehmend auch die Nennung namhafter Klienten ("Deals & Cases"-Rubriken auf Websites sowie Rankings wie "Chambers and Partners" oder "The Legal 500"). So ist auch die vorliegende Werbung im Stadion reine Imagewerbung. Die gesetzlichen Graubereiche dürften vor allem darin bestehen, was für ein Image Anwaltswerbung vermitteln darf. Das Bundesgericht bleibt hier auf der konservativen Seite.

Die Zurückhaltung des Bundesgerichts mag daran liegen, dass es in der Werbung des einzelnen Anwalts gleich das Image der gesamten Anwaltschaft transportiert sieht. So verweist das Bundesgericht denn auch auf das Interesse der Anwaltschaft "am unbeschädigten Ansehen ihres Berufsstands" oder das "Vertrauen der Öffentlichkeit in die Anwaltschaft". Daraus resultiert ein wohl überzogener Schutz der Standeswürde, der dann vor allem als Schutz der älteren, etablierteren und profilierteren Standesmitglieder vor unliebsamer Konkurrenz durch jüngere Anwälte wirkt. Ein trügerischer Schutz, der unter der Konkurrenz neuer Rechtsdienstleister (Banken, Revisionsgesellschaften, Beratungsunternehmen, etc.) zunehmend bröckelt! Wer den Rechtsanwalt heute als modernen Dienstleister anerkennt, dem wird diese Rechtsprechung nicht mehr zeitgemäss erscheinen. Von den vielbefürchteten "amerikanischen Verhältnissen" ist die Schweiz nach wie vor sehr weit entfernt. Ich persönlich kann jedenfalls die immergleichen Partneranzeigen in den immergleichen Posen wirklich nicht mehr sehen.

St.Gallen, 4. September 2015

Posted in Konsumentenschutz, Regulierung, Wettbewerb and tagged with Juristen, Konsumentenleitbild, Wettbewerbsrecht, Anwaltswerbung.

September 4, 2015 by Peter Hettich.
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