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"Reindeer steak 2" by FotoosVanRobin from Netherlands - Reindeer steak. Licensed under Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 via Wikimedia Commons

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Asketische Lebensphilosophie

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Letzten Sonntag hat der schon am 1. Oktober veröffentlichte, jüngste Bericht der Eidgenössischen Ernährungskommission seinen Weg in die Presse gefunden und dort erheblichen Wirbel verursacht (z.B. NZZaS, Blick). Am Mittwoch stellte der Blick die "Anti-Fleisch-Experten des Bundes" gar an den öffentlichen Pranger. Für einmal ist die - selten in der Boulevard-Presse hinterfragte - Wissenschaftlichkeit der zugrundeliegenden Studien ein grosses Thema (schon früherer Beitrag hier). In der Tat erstaunt, dass die behaupteten relativen Risiken des Fleischkonsums bei erstaunlichen 18% (Krebs) bis 29% (koronare Herzerkrankungen) liegen sollen (Bericht, S. 10). Damit scheint das Wurstessen genauso gefährlich wie das Passivrauchen, wo das Bundesamt für Gesundheit das relative Risiko bei 24% (Lungenkrebs) sieht (Nationales Programm Tabak 2008-2012, S. 11; Blog). Die nun nötige Diskussion sollte jedoch vor allem auch grundsätzlich die staatliche Präventionstätigkeit hinterfragen.

Natürlich dürfte der Bericht der Ernährungskommission wissenschaftlich angreifbar sein. Epidemiologische Methoden wurden für die Einschätzung der Ausbreitung ansteckender Krankheiten entwickelt und sind nicht ohne weiteres auf Lifestyle-Risiken übertragbar. Im Gegensatz zu Krankheiten wie Ebola entwickeln sich die Risiken eines ungesunden Lebensstils viel langsamer. Die Kohortenuntersuchung muss sich auf eine grössere Anzahl Menschen beziehen, die über mehrere Jahre beobachtet werden müssen und die ihr Verhalten in dieser Zeit nicht ändern dürfen. Der lange Zeitraum der Beobachtung macht es fast unmöglich, die Krankheit an einem bestimmten Risikoverhalten festzumachen und andere Krankheitsursachen auszuschliessen. Diese Problematik gilt für Studien über Essverhalten und Passivrauchen gleichermassen.

Von grundsätzlicher Natur ist jedoch der Einwand, dass solche Präventions-Empfehlungen ausschliesslich auf die Verlängerung menschlichen Lebens zielen, ohne Aspekte der Qualität zu berücksichtigen. Leicht geht vergessen, dass die durch gesundheitsbewusstes Verhalten gewonnen Jahre nicht in der Mitte des Lebens, sondern am Schluss angehängt werden müssen. Ob zusätzliche Jahre im Pflegeheim eine lebenslange Askese wettmachen können, wird jeder von uns für sich selbst beantworten müssen. Auch werden einige Menschen aus gesundheitsschädlichem Verhalten ("über die Stränge schlagen", "einen über den Durst trinken") eine erhebliche Befriedigung ziehen. Dies macht diese Personen nicht irrational und schutzbedürftig, sondern erst menschlich. Wir sollten nicht vergessen, dass keine epidemiologische Studie erfassen kann, was das Leben - für jeden einzelnen von uns - lebenswert macht. Die Prävention, so gut gemeint sie sein mag, kann in einem liberalen Staat nur begrenzt zulässig sein.

St.Gallen, 14. November 2014

Posted in Konsumentenschutz, Prävention and tagged with Lebensmittelrecht, Risiko.

November 14, 2014 by Peter Hettich.
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"Die Steuern" von Nikolai Vasilevich Orlov [Public domain], via Wikimedia Commons

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Things as certain as Death and Taxes, can be more firmly believ’d

"Die Steuern" von Nikolai Vasilevich Orlov [Public domain], via Wikimedia Commons

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Nichts ist sicher ausser Steuern und der Tod. Diese schon 1726 von Daniel Defoe formulierte und 1789 von Benjamin Franklin wiederholte Grundregel kann man heute differenzieren. Im Präventionsstaat gilt:

  • Ist eine Steuer einmal eingeführt, selbst wenn nur für vorübergehend, so bleibt sie.
  • Ein festgesetzter Steuersatz wird niemals sinken, immer steigen.
  • Eine zweckgebundene Steuer wird immer neue gute Zwecke finden.
  • Steuern für alle anzuheben ist einfacher als Steuerausnahmen zu beseitigen.

Einige dieser Regeln bestätigten sich gestern in der Präventionspolitik. Bund und Kantone wollen, so ein Artikel von Davide Scruzzi in der NZZ, die Suizidprävention verbessern und dafür die schon bestehende Präventionsabgabe auf den Krankenkassenprämien von 2.40 auf 4 Franken anheben. Das Anliegen, so wird man sich einig sein, ist sicher ein gutes. Das Mittel, zentral gesteuerte Präventionsanstrengungen, ist wohl zweifelhaft. Die Finanzierung, so kann man sich sicher sein, ist verfassungswidrig.

Auf Bundesebene gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen "Präventionsabgaben" (siehe dazu meinen mit Yannick Wettstein verfassten Artikel hier): Dazu zählen die auf der Nettoprämie der Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung erhobenen "Unfallverhütungsbeiträge", die Abgabe an die von Kantonen und Krankenversicherern errichtete Stiftung "Gesundheitsförderung Schweiz", oder etwa die auf Zigaretten
erhobene Abgabe an den Tabakpräventionsfonds. Bei all diesen Abgaben handelt es sich um Steuern, die keine Grundlage in der Bundesverfassung finden und die meist nur aufgrund ihrer geringen Höhe tolieriert werden. Gerade bei diesen Abgaben ist jedoch Vorsicht zu walten, wenn sie erhöht werden sollen. Verfassungsrechtliche Spielräume dafür gibt es nicht.

St.Gallen, 19. September 2014

Posted in Finanzverfassung, Prävention and tagged with Krankenversicherung, Präventionsabgabe, Steuern.

September 19, 2014 by Peter Hettich.
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Obligatorisches Hinweisschild in einem Pub auf Lewis (äussere Hebriden)

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"Durchgenudgt"

Obligatorisches Hinweisschild in einem Pub auf Lewis (äussere Hebriden)

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Wer sich in amerikanischen Restaurants schon über das obligatorische Schild "employees must wash hands before returning to work" amüsiert hat, wird verwundert feststellen, dass die britischen Gesundheitsbehörden noch einen Schritt weiter gegangen sind: Obligatorisch in britischen Lebensmittelbetrieben ist das Anbringen eines Hinweises, der auch die Kunden zum Händewaschen auffordert (ohne "please" und "thank you"). Für die mehrheitlich händewaschenden Gäste ist das Schild lediglich eine Erinnerung an weniger hygienebewusste Mitmenschen. Sinn - wenn man so sagen darf - macht das Schild nur, wenn sich nicht-händewaschende Zeitgenossen dadurch zu einer Verhaltensänderung bewegen lassen. Da das Schild obligatorisch ist, wird es Studien geben, die eine solche Verhaltensveränderung statistisch belegen; "Regulierungsfolgenabschätzung" nennen sich die Untersuchungen, welche die Kosten (Schilder kaufen = höhere Preise) und Nutzen (Händewaschen = weniger Leute erkranken = grössere volkswirtschaftliche Produktivität und weniger Gesundheitskosten) solcher regulatorischer Massnahmen gegenüberstellen. Wer dies als ausländische Spinnereien abtut, sei daran erinnert, dass auch das Bundesamt für Gesundheit die Betriebe in der Schweiz mit Anleitungen zum Händewaschen zupflastert (link zum Flyer "Richtiges Händewaschen").

All diese Massnahmen sind Teil eines Regulierungsansatzes, der den Menschen nur "beschränke Rationalität" zumisst. Diese beschränkte Rationalität begründet ein Bedürfnis nach Anleitung zum "richtigen" Handeln. Gemäss neueren Theorien erfolgt diese Anleitung nicht durch traditionelle Verbote und Gebote, sondern durch sog. Anstupser oder "Nudges". Solche Nudges können in verstärkter Aufklärung über Fehlverhalten, in der Erleichterung der als richtig angesehenen Entscheidalternative, in moralischen Appellen, in schlechtem Gewissen, in sozialer Ausgrenzung oder in sonstiger Manipulation der Entscheidungsarchitektur liegen. Durch eine Vielzahl von - sog. sanft paternalistischen - Nudges soll versucht werden, den Menschen zu einem guten, wertvollen Leben anzuhalten.

Diese Versuche gleiten, wie hier, schnell ins Lächerliche ab. Sie verlieren dann ihre Wirkung und animieren zu Trotzverhalten. Leicht geht auch vergessen, dass Behörden oft denselben kognitiven Verzerrungen und damit derselben beschränkten Rationalität wie alle Menschen unterliegen. Erweist sich der Expertenentscheid, der einem bestimmten Nudge zugrunde liegt, als falsch, so kann dies zu einer globalen Fehlsteuerung führen. Das gleichförmige Verhalten, das "Nudges" fördern sollen, wirkt dann der Streuung der Risiken entgegen, die normalerweise mit dezentralen Entscheidungen im Markt erreicht wird. Auch können sich an sich nützliche Anreize auf individueller Ebene als schädlich erweisen: Was für eine "Durchschnittsperson" gut ist, setzt bei anderen Personen allenfalls Fehlanreize (z.B. dieselben Ernährungshinweise für Übergewichtige und für Magere). Es sind grosse Zweifel angebracht, ob es den von Experten definierten "Norm-Menschen" bzw. ein angemessenes "Normalverhalten" überhaupt gibt. Wer sich an den vielen Nudges stört, sollte also nicht zögern, Behörden regelmässig daran zu erinnern: Wir sind nicht ganz blöd.

Hettich Kooperative Risikosteuerung cover.jpg

Lesetipp: Das grundlegende Werk "Nudge" von Richard Thaler/Cass Sunsstein. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Regulierungsansatz findet sich in meinem kürzlich erschienenen Buch "Kooperative Risikovorsorge".

Posted in Konsumentenschutz, Prävention, Regulierung and tagged with Lebensmittelrecht, Risiko, Sicherheit, Konsumentenleitbild.

June 20, 2014 by Peter Hettich.
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