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Widerrufsrecht beim Online-Handel

Vor einer Woche hat der Bundesrat eine Medienmitteilung versandt, wonach er die Einführung eines allgemeinen Widerrufsrechts bei Telefon- und Fernabsatzverträgen begrüsst. Er will ein 14-tägiges Widerrufsrecht für Verträge unterstützen, die geschlossen werden, ohne dass sich die Vertragsparteien physisch begegnen. Weil die Konsumenten bei solchen Verträgen überrascht oder überrumpelt würden und oft den Vertragsgegenstand vor dem Vertragsschluss nicht prüfen könnten, bestehe ein erhöhtes Schutzbedürfnis.

Hintergrund des Geschäfts ist eine Parlamentarische Initiative des damaligen Ständerats Pierre Bonhôte. Diese will das Obligationenrecht (OR) so ändern, dass das für Haustürgeschäfte geltende Widerrufsrecht (Art. 40a ff. OR) neu auch für am Telefon geschlossene Verträge gelten soll. Damit soll den Missbräuchen beim Telefonverkauf ein Ende gesetzt werden.

Spannend erscheint, dass sowohl die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats als auch der Bundesrat die ursprünglich auf den Telefonverkauf beschränkte Initiative nun auf den gesamten Online-Handel ausdehnen wollen. Sie begründen dies mit einer Informationsasymmetrie betreffend die Qualität der Kaufsache und mit der Gefahr der Übereilung.

“Gleichzeitig besteht bei solchen Verträgen angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten gerade im Online-Handel die erhöhte Gefahr, dass Konsumentinnen und Konsumenten solche Verträge übereilt abschliessen oder sich der damit verbundenen Konsequenzen nicht genügend bewusst sind.”
— Stellungnahme des Bundesrates, S. 7

Man kann sich durchaus fragen, ob es nicht der Bundesrat und die Kommissionsmehrheit sind, die nun übereilt eine Änderung des Obligationenrechts einleiten. Die Gefahr eines Marktversagen wird nur behauptet. An einer Substanziierung oder an Belegen fehlt es in den Unterlagen gänzlich. Bei dieser schwachen Datenbasis könnte man auch die Meinung vertreten, die freiwillige Gewährung des Widerrufsrecht sei heute bereits die Basis eines erfolgreichen Onlinehändlers und eine gesetzliche Vorschrift daher unnötig. Sodann erscheint die "digital literacy" des Konsumenten nicht zwingend als so bescheiden, wie es der Bundesrat darstellt. Sowohl die pauschale Behauptung von Marktversagen als auch das wenig schmeichelhafte Konsumentenleitbild des Gesetzgebers wurden schon früher in diesem Blog angeprangert.

Nach Ansicht des Bundesrates (Stellungnahme, S. 9) lassen sich die Kosten der neuen Regulierung zwar "nicht quantifizieren [..., doch] hält der Bundesrat diese insgesamt für verkraftbar und zugunsten eines verbesserten Konsumentenschutzes auch für gerechtfertigt." Auch diese Aussage ist in keiner Weise belegt. Die dem Konsumenten für das Widerrufsrecht entstehenden Kosten bestehen vor allem in den höheren Preisen, die er für Produkte im Online-Handel bezahlen wird. Der überlegte Konsument wird nämlich all die anderen quersubventionieren, die frivol einkaufen im Wissen, alles später - immerhin kostenpflichtig - zurücksenden zu können. Offensichtlich stellt der Änderungsvorschlag nur einen Teil der Konsumenten besser, nämlich die leichtfertigen.

Die nun vorgeschlagene Regelung umfasst 11 umständlich zu lesende und schwierig zu verstehende Artikel. Der Regulierungsumfang wird gegenüber der heutigen Regelung der Haustürgeschäfte verdoppelt. Der Entwurf ist offensichtlich durch das europäische Recht inspiriert, das hier ganze 25 Seiten umfasst. Europakompatibilität kann jedoch kein Ziel an sich, sondern nur ein Mittel zur Erreichung höherer Ziele sein, insbesondere der Förderung der Gesamtwohlfahrt. Eine solche fördernde Wirkung ist hier nicht erstellt.

Posted in Regulierung, Konsumentenschutz and tagged with Konsumentenleitbild, Konsumentensouveränität.

March 21, 2014 by Peter Hettich.
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OLMA Bratwürste: Kulinarischer Hochgenuss oder Todesfalle?

OLMA Bratwürste: Kulinarischer Hochgenuss oder Todesfalle?

Studien und "Junk Science"

OLMA Bratwürste: Kulinarischer Hochgenuss oder Todesfalle?

OLMA Bratwürste: Kulinarischer Hochgenuss oder Todesfalle?

"Jede Dritte Frau in Europa leidet unter Gewalt" titelten am Mittwoch der Tagesanzeiger und diverse andere Medien. Das den Artikel begleitende (Symbol-)Bild zeigt einen direkten körperlichen Übergriff auf eine Frau. Man(n) ist schockiert. "Schock-Studien" geben manchem Medium die nötige Würze und erhaschen offenbar wirksam die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers; entsprechend oft werden Studien zitiert:

  • "Zürcher Studie: Zappelphilipp-Syndrom bei Erwachsenen häufiger als vermutet" (NZZ, 4. März 2014)
  • "Streit um Feinstaub-Studie Schlechte Luft wegen Tempo 30" (FAZ, 5. März 2014)
  • "Vegetarier sind häufiger krank als Fleischesser" (20min, 1. März 2014)
  • "Studie fragt Studis: Ist Hirndoping fair?" (20min, 27. Februar 2014)
  • "ETH-Studie besagt: Schweizer diskriminieren Deutsche im Alltag nicht" (Aargauer Zeitung, 27. Februar 2014)
  • "Welche Büros krank machen" (Der Bund, 28. Februar 2014)
  • "Ist die Schweizer Armee schwulenfeindlich?" (20min, 24. Februar 2014)
  • "Studie zeigt: Finanzkrise lässt Griechen erkranken" (20min, 21. Februar 2014)
  • Verzicht aufs Rauchen macht laut Studie glücklicher (gmx, 14. Februar 2014)
  • ...
  • "Social Media macht kindisch und süchtig" (Tages-Anzeiger, 10. April 2013)
  • "Neuer Risikofaktor für Autismus entdeckt" (Tages-Abzeiger, 21. März 2013)
  • "US-Studie: Schlafmangel macht hungrig - und dicker" (Blick, 12. März 2013)
  • "Grosser Wurstkonsum erhöht laut Zürcher Studie das Sterberisiko (Blick, 7. März 2013)
  • "Giftstoffe in Kinderregenjacke der Migros" (Tages-Anzeiger, 13. Februar 2013)
  • "Neue Studie: Kaiserschnitt kann krank machen!" (Blick, 12. Februar 2013)
  • "Die Outdoor-Jacke" macht krank (Tages-Anzeiger, 20. November 2012)

Kürzlich hat sich die Tagung "Wissenschaftskommunikation im Wandel" mit dieser zuweilen reflektions- und kritiklosen Übernahme wissenschaftlicher Erkenntnisse in der journalistischen Arbeit befasst. So werden Resultate von Studien einseitig und meist als Pionierarbeiten dargestellt; die wissenschaftliche Unsicherheit wird ausgeblendet (Siehe hier den zusammenfassenden Artikel "Wie Wissenschaftler herausfanden…"). Links zu den Studien oder Worte wie "Signifikanzniveau" und "Standardfehler" finden sich tatsächlich in den meisten Medienberichten nicht. Dies hat zur Folge, dass der kritische Leser kaum herausfinden kann, ob es sich bei den Studien einfach um "Junk Science" handelt (wie z.B. bei einer Studie zur Korrelation von Schokoladekonsum und Nobelpreisträgern in einem Land). Die Qualität der Datenbasis ("garbage in, garbage out") wird ein Leser von vorneherein nicht einschätzen können. Er muss sich folglich in einem ständigen Angstzustand über dieses oder jenes neu erkannte Gesundheitsrisiko befinden... oder er blendet all die präsentierten Ergebnisse einfach aus und lebt weiter wie zuvor.

Dieser Beitrag bezweckt nicht Medienbashing, sondern etwas anderes: Studien der genannten Art finden nämlich nicht nur Aufnahme in die Medien, sondern bilden auch die Grundlage von Politikentscheiden. Namentlich im Bereich der Gesundheitsprävention wird die Ausgestaltung von rechtlichen Regimes häufig auch wissenschaftlich begündet (man denke an Mindestpreise oder Nachtregimes für Alkohol sowie an amtliche Ernährungshinweise und -empfehlungen). Heute jedoch ist die Anzahl verschiedener Studien, die jeweils unterschiedliche und sich widersprechende Politikempfehlungen beinhalten, schier unüberblickbar. Dies vermittelt der Verwaltung eine grosse Machtfülle, weil sie ihre regulatorischen Vorstösse relativ problemlos auch wissenschaftlich legitimieren kann. Für die Auswahl und Bewertung wissenschaftlicher Ergebnisse bestehen aus rechtlicher Sicht keine normativen Kriterien. Dadurch muss namentlich die gerichtliche Kontrolle solcher Verwaltungsentscheiden leer laufen (siehe dazu bisher einzig den Artikel hier). Soll dieser "Definitionsmacht" der Verwaltung etwas entgegengesetzt werden, werden Richter nicht umhin kommen, sich vermehrt auch mit statistischen Methoden zu befassen.

Buchempfehlung: Statistische Methoden für Nichtstatistiker - Spannend!

Foto Credit: Zenit (Eigenes Werk) [GFDL oder CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons

Posted in Konsumentenschutz, Prävention, Regulierung and tagged with Sicherheit, Risiko.

March 7, 2014 by Peter Hettich.
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Finma als Preisüberwacher?

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"Auf Druck der Finma werden Zusatzversicherungen günstiger" titelte die NZZ am 7. November 2013. Ein Stossseufzer der Erleichterung ist dieser Überschrift fast schon akustisch zu entnehmen. Das SRF spricht gar von einer "Abzockerei" der Kunden, die nun verhindert wurde. In diesem Zusammenhang fällt es schwer, die allgemeine Euphorie im Zusammenhang mit diesem staatlichen Eingriff in die Preisbildung zu trüben.

Das Vorgehen der Finma ist gesetzeskonform. Das Versicherungsaufsichtsgesetz sieht eine Genehmigung der Prämien "in der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung" vor (Art. 4 Abs. 2 Bst. r VAG). Die Prämienkontrolle steht jedoch in einem Spannungsfeld zu den Vorgaben der Verfassung (Art. 98 BV und Art. 94 BV). Diese verpflichtet den Bundesgesetzgeber, den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit im Bereich der Privatversicherung zu respektieren. Eine Lenkung wettbewerblicher Prozesse ist dem Gesetzgeber verboten.

Die Aufsichtstätigkeit der Finma ist daher in erster Linie darauf auszurichten, die Solvenz der Versicherungsunternehmen zu schützen. Mit anderen Worten soll der Versicherungsnehmer vor einem Konkurs des Versicherers bewahrt werden (Art. 1 VAG und Art. 5 FINMAG). Wenn die Finma nun eine Prämiensenkung anordnet, so macht sie an sich das Gegenteil: Sie schwächt das Haftungssubstrat des Versicherers. Staatlich angeordnete Prämiensenkungen sind daher heikel. Tiefere Prämien sollten an sich allein durch wettbewerbliche Prozesse erzwungen werden.

Mit der Wirtschaftsfreiheit ist die Anordnung einer Prämiensenkung nur zu vereinbaren, soweit sie der Vorbeugung von eigentlichen Missbräuchen (also einer Übervorteilung) dient. Die Finma hat nicht die Kompetenz zur Festlegung der "gerechten" Prämie (BGE 76 I 234 E. 3, 242; BGE 99 Ib 51 E. 4b, 58 f.; BGE 108 Ib 281 E. 2, 283). Auch waren die jüngeren Versuche einer staatlichen Prämiensteuerung – damals allerdings initiiert durch das BAG auf Anweisung des damaligen Bundesrates Couchepin – nicht gerade von Erfolg gekrönt (illustrativ hier BVGer C-6958/2008 = BVGE 2009/65). Eingriffe über das Instrument der Prämienkontrolle sind daher nicht als Tagesgeschäft zu betrachten, sondern auf ausserordentliche Vorkommnisse zu beschränken.

Posted in Konsumentenschutz, Regulierung, Wettbewerb and tagged with Versicherung, Wettbewerb, Preisregulierung, Finanzmarktrecht.

November 15, 2013 by Peter Hettich.
  • November 15, 2013
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