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Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie...

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Verschiedene Zeitungen (z.B. Blick und 20Min) sowie die Rundschau berichteten letzte Woche über eine junge Frau, die mutmasslich aufgrund der Einnahme eines hormonellen Verhütungsmittels eine Lungenembolie erlitt und seither schwer behindert ist. Die junge Frau bzw. ihre Familie und die Krankenkasse CSS sind mit ihrem Begehren um Zusprechung von Schadenersatz in erster Instanz - vor dem Bezirksgericht Zürich - gescheitert. Laut den Medien habe die Klägerin nicht darlegen können, dass die von ihr eingenommenen Verhütungsmittel fehlerhaft waren. Deshalb könne die Produkthaftpflicht nicht angewendet werden (Art. 1 PrHG). Die Berichterstattung betonte stark, dass die Familie der jungen Frau nun an die Medikamentenherstellerin eine Prozessentschädigung von CHF 120'000 zahlen muss. Diese Prozessentschädigung ist allerdings eine normale Folge des Unterliegens und der hohen Streitsumme.

Die statistischen Daten der Swissmedic zeigen, dass es sich bei der Thrombose, welche die vorliegende Lungenembolie mutmasslich ausgelöst hat, um eine wohlbekannte, aber seltene Nebenwirkung von hormonellen Verhütungsmitteln handelt. Die Packungsbeilagen weisen regelmässig auf diese Nebenwirkung hin. Das fragliche Produkt ist daher weiterhin erhältlich, wie auch viele andere Verhütungsmittel mit ähnlichen Risiken (vgl. entsprechende Mitteilungen der Swissmedic). Es besteht also tatsächlich die Möglichkeit, dass sich hier "nur" das Restrisiko eines an sich fehlerfrei hergestellten Produkts verwirklicht hat. Dies freilich mit äusserst tragischen Folgen für die betroffene Person.

“Dieses Gesetz soll zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden.”
— Art. 1 Abs. 1 HMG

Das auf Art. 95 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 2 BV gestützte Heilmittelgesetz soll sicherstellen, dass nur qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden (Art. 1 HMG). Das HMG und die bundesrätlichen Ausführungsverordnungen gehen nicht näher darauf ein, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel als sicher und wirksam bezeichnet werden kann. Erst die Ausführungsverordnung der Swissmedic umschreibt die erforderlichen Dokumentationen über die analytischen, chemischen, pharmazeutischen, pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Prüfungen. Wie wirksam ein Medikament tatsächlich sein muss und welche Risiken und unerwünschten Wirkungen der Zulassung abträglich sind, ist aber nicht rechtlich geregelt. Klar ist nur, dass die Swissmedic eine absolute Sicherheit des Medikamentes nicht verlangt; das zu akzeptierende Risiko ist abhängig von der Wirksamkeit des Medikamentes.

Der Wortlaut des Heilmittelgesetzes suggeriert jedoch eine absolute Sicherheit von Medikamenten, welche in der Realität nicht erreicht wird. Der Heilmittelgesetzgeber hat mit anderen Worten ein Sicherheitsversprechen abgegeben, das er von vornherein nicht einhalten will und auch gar nicht einhalten kann. Dieses Sicherheitsversprechen gibt der Gesetzgeber übrigens auch gerne in anderen Bereichen ab, z.B. im Bereich der Produktesicherheit (siehe meinen Blog zu Küchenmessern) oder im Bereich des Umweltrechts (Grenzwerte bei Luftverunreinigungen und Lärm). Durch diese Augenwischerei des Gesetzgebers kann sich die Gesellschaft mit den Risiken von Heilmitteln nicht ernsthaft auseinandersetzen. Sie wird auch über die generellen Risiken unserer komplexen Gesellschaft hinweg getäuscht. Das gesetzgeberische Versprechen einer risikolosen Gesellschaft verhindert sodann – wie hier – die Suche nach angemessenen Entschädigungslösungen im Falle einer Verwirklichung der gesellschaftlich akzeptierten Restrisiken.

Posted in Konsumentenschutz, Regulierung and tagged with Sicherheit, Heilmittelrecht, Risiko, Pharmarecht.

November 8, 2013 by Peter Hettich.
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Umgang mit Rechtsrisiken (oder: warum Küchenmesser verboten sind)

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"Was sollen ihre Anwälte in erster Linie leisten?" Auf diese Frage hat ein CEO eines grösseren Unternehmens tatsächlich geantwortet: "Dass ich ohne Gefängnisstrafe in Pension gehen darf." Die Antwort überrascht weniger, wenn man weiss, dass der CEO ein verwaltungsstrafrechtlich gebranntes Kind ist (die Details wollen wir uns ersparen). Dennoch ist sein Auftrag an die Anwälte strategisch falsch, da Anwälte dann eine Nullrisiko-Strategie fahren. Es ist auch den besten Anwälten nicht möglich, die rechtlichen Risiken eines Unternehmens tatsächlich zu beherrschen. Mit anderen Worten müssten Anwälte in der Lage sein, klar zwischen zulässigem und unzulässigem Verhalten zu unterscheiden. Das ist vor allem im Wirtschaftsrecht immer häufiger nicht der Fall. Rechtliche Normen sind hier teilweise hochgradig unbestimmt. So unbestimmt, dass die Swiss kürzlich gerichtlich geltend gemacht hat, dass sie eigentlich gar nicht wisse, was man von ihr genau verlange. Ein gutes Beispiel für unbestimmte Standards sind auch die Sicherheitsstandards für Produkte, also etwa Fleischmesser in der Küche:

“Produkte dürfen in Verkehr gebracht werden, wenn sie bei normaler oder bei vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und die Gesundheit der Verwenderinnen und Verwender und Dritter nicht oder nur geringfügig gefährden.”
— Art. 3 Abs. 1 PrSG

Küchenmesser bergen schon per se die Gefahr von kleineren Schnittverletzungen, was aber noch nicht zur Verletzung des verlangten Sicherheitsstandards führt (Botschaft, 7436). Jedoch zeigt schon eine kleine Google-News Recherche, dass Küchenmesser auch häufig als Waffe Verwendung finden. Dies ist zwar ein Fehlgebrauch, doch keineswegs ein unvorhersehbarer Gebrauch (Botschaft, 7442). Sodann muss bei der Prüfung der Sicherheit eines Produkts berücksichtigt werden, dass Küchenmesser auch in die Hände von Kindern gelangen können. Schliesslich zeigen neuere Studien, dass Küchenmesser mit stumpfen Ende wesentlich weniger gefährlich wären (auch als Mordwaffe). Spitz zulaufende Messer entsprechen heute also nicht mehr dem vom Gesetzgeber verlangten "Stand des Wissens und der Technik" (Art. 3 Abs. 2 PrSG).

Kein Anwalt bei Verstand wird also heute noch schriftlich bestätigen, dass ein scharfes Fleischmesser die Gesundheit der Verwender nicht geringfügig gefährdet. Das Produkt darf so nicht in Verkehr gebracht werden. Will der CEO eines Messerherstellers keine Gefängnisstrafe riskieren (Art. 16 PrSG), sollte der Anwalt zum sofortigen Produktionsstopp und Produkterückruf raten (Art. 8 PrSG). Nur auf diese (unsinnige) Weise kann das Rechtsrisiko beseitigt werden.

Die Arbeit eines guten Anwalts wird heute nicht mehr bei der Identifikation von Rechtsrisiken stehen bleiben. Ein guter Anwalt wird die Wahrscheinlichkeit der Geltendmachung eines Gesetzesverstosses abschätzen und mit Blick auf die wahrscheinlichen Sanktionen die so entstehenden Rechtsrisiken managen helfen. Auch ein sorgfältiger CEO kann Rechtsrisiken heute nicht mehr ganz vermeiden. Wir leben im Zeitalter der "probabilistischen Jurisprudenz".

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October 4, 2013 by Peter Hettich.
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Sammelklagen nach amerikanischem Stil in der Schweiz?

Sammelklagen nach amerikanischem Stil in der Schweiz?

Sammelklagen in der Schweiz

Sammelklagen nach amerikanischem Stil in der Schweiz?

Sammelklagen nach amerikanischem Stil in der Schweiz?

Der Bundesrat hat am 3. Juli einen Bericht publiziert, wonach der "kollektive Rechtsschutz" in der Schweiz ungenügend sei und verbessert werden solle. Er folgt damit implizit der von Prisca Birrer-Heimo eingereichten Motion 11.3977, welche eine Erleichterung der Rechtsdurchsetzung in kollektiven Verfahren fordert. Das schnelle Voranschreiten des Bundesrates ist nicht nur deshalb überraschend, weil diese Motion im Parlament noch gar nicht behandelt wurde. Erstaunlich ist das Vorgehen des Bundesrates auch, weil dieser in seiner Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schaffung einer eidgenössischen Zivilprozessordnung die Sammelklage noch deutlich ablehnt.

Für einen Artikel im St.Galler Tagblatt wurde ich zur Stellungnahme eingeladen, was ich von diesem Instrument halte und wo ich die Vor- und Nachteile sehe. Von dieser Stellungnahme floss hauptsächlich das Argument in den Artikel ein, dass von der Sammalklage vor allem Anwälte, Prozessfinanzierungsfirmen und Konsumentenverbände profitieren dürften, aber kaum der einfache Konsument. In der Tat haben sich in dem Artikel zwei Anwälte für die Einführung der Sammelklage ausgesprochen. Das Nachfolgende entspricht meiner Stellungnahme an das Tagblatt:

Die Sammelklage soll eine Rechtsschutzlücke füllen, die vor allem auf Seiten der Konsumenten besteht. Wenn ein Unternehmen einer anderen Person einen Schaden von einer Million Franken verursacht, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Prozess oder einer vergleichsweisen Vereinbarung von Ausgleichszahlungen. Wenn ein Unternehmen 10'000 Konsumenten einen Schaden von je CHF 100 verursacht, dann passiert wahrscheinlich nichts. Der Aufwand zur Durchsetzung der Forderung lohnt sich für den einzelnen Konsumenten nicht. Das Unternehmen wird diesen Umstand strategisch ausnützen, was sich z.B. in einer minderwertigen Produktequalität niederschlagen kann. Die Möglichkeit einer Sammelklage würde diese "perversen" Anreize ausgleichen. In der Theorie ist das alles einleuchtend und macht Sinn, vor allem in Bereichen mit Massenschäden: Produkte, Finanzanlagen, Kartellrecht, etc.

Heute muss ein Anwalt zunächst die effektiv Geschädigten suchen, von jedem eine Vollmacht einholen und vermutlich einen Kostenvorschuss verlangen sowie den Schaden jedes einzelnen Klägers vor Gericht nachweisen (Modell der Streitgenossenschaft). Würde eine Form der Sammelklage in der Schweiz eingeführt, müsste man sich folgendes überlegen:

  • Soll es zulässig sein, dass eine Klage im Namen einer Gruppe von Personen angehoben wird, die den Anwalt oder Konsumentenverband gar nicht bevollmächtigt hat?
  • Soll es einem Anwalt erlaubt sein, den Prozess vorerst gratis zu machen und sich dann danach aus dem Prozessgewinn zu entschädigen (ca. 30% in Amerika, in der Schweiz heute verboten)?
  • Soll es Erleichterungen geben beim Nachweis des Schadens, indem man einfach das Fehlverhalten nachweist und versucht den entstandenen Schaden zu schätzen? Namentlich in Kartellverfahren und Anlegerschutzverfahren ist dieser Nachweis des Schadens für den einzelnen Konsumenten extrem schwierig.

Würde man all dies anpassen, stellt sich für mich folgende Frage: Lohnt sich das für den einzelnen Konsumenten? Bei meinem Beispiel mit dem Schaden von je CHF 100 würde beim einzelnen Konsumenten wohl nur noch ein kleiner Betrag landen, da zuerst die Kosten abgezogen werden. Zuallererst würde sich vermutlich der Konsumentenverband und der Anwalt aus dem Prozessgewinn entschädigen. Hier sehe ich auch die grosse Gefahr. Schaffen wir hier nicht einfach eine grosse Prozessindustrie, welche zuallererst den Anwälten nützt? Dienen diese Prozesse nicht einfach der Profilierung bestimmter Akteure, z.B. der Verbände? Ist es wirklich sinnvoll, die Konsumenten in Einzelfällen zu entschädigen, wenn diese Prozesskosten und Entschädigungen letztendlich wieder auf die Preise für die fraglichen Produkte überwälzt werden und alle Konsumenten dann unter dem Strich mehr bezahlen?

Führt man Sammelklagen ein, müsste man schliesslich noch darüber nachdenken, was die Rolle der staatlichen Aufsichtsbehörden ist. Nach dem europäischen System sind fast alle Konsumenten-Produkte reguliert. Die Aufsichtsbehörde (etwa die Weko) hat die Möglichkeit, bei Verstössen empfindliche Bussen zu verhängen. Diese Bussen bilden in Europa an sich das Korrektiv für Fehlanreize bei den Unternehmen. Was in Amerika die Funktion der Sammeklagen ist, ist in Europa Sache der Wirtschaftsregulierung. Sollen die Bussen der Aufsichtsbehörden also kumulativ verhängt werden? oder alternativ?

Unter dem Strich: In der Theorie funktioniert das Instrument der Sammelklagen bestens, für die Umsetzung in der Praxis habe ich erhebliche Bedenken. Am Schluss kann es gut sein, dass von dem Instrument der Sammelklage vor allem Anwälte, Prozessfinanzierungsfirmen und Verbände profitieren, aber nicht der Konsument.

Der Artikel zu Sammelklagen ist am 17. Juli 2013 unter dem sinnigen Titel "Experten streiten sich über Einführung von Sammelklagen" und "Juristischer Import mit Tücken" im St.Galler Tagblatt und der Thurgauer Zeitung erschienen sowie unter dem Titel "Bundesrat scheint bei Sammelklagen Haltung zu ändern" in den Schaffhauser Nachrichten (von Marina Wider).

Posted in Konsumentenschutz and tagged with Finanzmarktrecht, Konsumentenleitbild, Wettbewerbsrecht, Sammelklage.

July 19, 2013 by Peter Hettich.
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