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Energiestrategie 2050: Denkmal oder Mahnmal?

Die Arena vom letzten Freitag hat erahnen lassen, was sich seit Montag in den Hallen des Parlaments abspielt: Ein gegenseitiges Zurufen der x-mal gehörten Positionen, die nun ihre Mehrheiten gemäss Parteilinien finden und so den grössten energiepolitischen Umbau in der Geschichte der Eidgenossenschaft auf den Weg bringen: "Erstes Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050" heisst das Gesetzespaket, dass zurzeit beraten wird.

Angesichts der relativ knappen Mehrheiten im Parlament ist unklar, ob das Paket auch an der Urne gutgeheissen würde, sollte es denn jemals zu einer Volksabstimmung kommen. Eine Abstimmungsprognose ist auch deshalb schwierig, weil der Nutzen und die Kosten des Pakets für jeden Einzelnen (Familien, Haushalte) kaum quantifizierbar sind. Dass nun plötzlich fast jedes Energieunternehmen Subventionen erhalten soll, ist schwierig zu vermitteln: Zu den impliziten Subventionen zugunsten der Kernkraft und den expliziten Subventionen zugunsten der "neuen" erneuerbaren Energien sollen nun zukünftig auch Gelder in "landwirtschaftliche" Biogasanlagen und die Grosswasserkraft fliessen. Auch können sich offenbar einige Gruppen der Finanzierung dieser Subventionen elegant entziehen (ausgerechnet die Grossverbraucher) und diese finanziellen Lasten nun anderen Gruppen (den Klein-Konsumenten, mir!) aufbürden. Die Energiestrategie wirkt so wie eine degressive Steuer, deren soziale Folgen schlicht nicht diskutiert werden. Dass mit dem geplanten Zubau an fossiler Energieerzeugung die CO2-Ziele nicht mehr zu halten sind, soll offenbar auch keine Rolle spielen - war der Klimakollaps auch auf 2050 terminiert, oder tritt er erst 2100 ein?

Es erscheint vermessen, die Lage und Bedürfnisse der Schweiz im Jahr 2035 - geschweige denn 2050 - voraussehen zu wollen. Wie unsere Enkel und Urenkel einmal ihre Energie erzeugen und wie sich ihre Bedürfnisse gestalten, kann heute noch Niemand ernsthaft sagen. Anmassend ist, eine zukünftige Generation an Beschlüsse binden zu wollen, die im Jahr 2014 gefällt wurden. Die Mehrheiten von 2050 werden selbst entscheiden, wie sie ihre Elektrizität gewinnen. Die technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung ist schlicht nicht voraussehbar.

Statt heute alles auf einmal über den Haufen zu werfen könnte man in solchen Situationen der Unsicherheit und Unwissenheit versuchen, sich langsam durchzuwursteln (so hat es Charles Lindblom schon 1959 formuliert: "Muddling through"): Änderungen in kleinen, überschaubaren Schritten mit jederzeitiger Möglichkeit der Fehlerkorrektur, bevor irreversible Schäden (an Umwelt und Landschaft) oder unbezahlbare Kosten (für die Gesellschaft) entstehen. "Muddling through" ist hierzulande bekannt als "gutschweizerischer Kompromiss", der gesellschaftlich und politisch breit abgestützt ist und von grossen Mehrheiten getragen wird. Ein Kompromiss würde einen angemessen tiefen Deckel auf den Subventionen zu halten, damit man sich nicht in einem System verrennt, dass schon bald abgelöst werden soll (durch ein "zweites Massnahmenpaket"). Ein massvoller Wandel würde auch implizieren, die Kernkraft nicht in einem Schritt durch andere Energieträger zu ersetzen. Zwar hat uns diesen Mittwoch die Zeitungsente zum vermeintlichen Atomunglück in Saporoschje (Ukraine) die Gefahren maroder Reaktoren wieder in Erinnerung gerufen. Doch wäre es so falsch (ich wage es auszusprechen), allenfalls ein einzelnes, modernes, neues Kernkraftwerk zu bauen, statt die alten Meiler à gogo weiterlaufen zu lassen? Könnte man sich nicht auch die Zeit nehmen, aus den Fehlern anderer zu lernen, statt sich ausgerechnet die - so wie es aussieht - scheiternde deutsche Energiewende zum Vorbild zu nehmen?

Ungeachtet legitimer Bedenken wird im Bundesrat und im Parlament nun der grosse Wurf angestrebt: Solch grosse Würfe eignen sich vorzüglich als Denkmäler für Politiker, taugen darüber hinaus aber meist zu nicht viel mehr.

St.Gallen, 5. Dezember 2014

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December 5, 2014 by Peter Hettich.
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Energiewenden, z.B. mit BKW

Mit etwas Verspätung wird sich am Montag der Nationalrat über die Energiestrategie 2050 beugen; er hofft dieses Geschäft innerhalb von 5 Tagen behandeln zu können. Dieses energierechtliche Paket ist sicher das grösste, aber nicht das einzige in den letzten Jahren. Das nun beratene Energiegesetz vom 26. Juni 1998 wurde schon zehnmal revidiert; die dazugehörige Energieverordnung hat gar 24 Revisionen erfahren - mehr als eine pro Jahr. Das am 23. März 2007 verabschiedete Stromversorgungsgesetz wurde seit seinem Inkrafttreten zwar erst einmal geändert, befindet sich aber in Vernehmlassung für die Durchsetzung der vollen Marktöffnung und gleichzeitig in einer Totalrevision. Bis heute liegt aber bspw. keine definitive Festlegung der zu zahlenden Preise für die Nutzung des Netzes der Swissgrid vor; dennoch wird das Stromversorgungsgesetz in diesem zentralen Punkt revidiert, sodass sich Anwälte von neuem über die Kostenverlegung streiten können.

Seit Inkrafttreten der zentralen Bestimmungen des StromVG am 1. Januar 2008 hat die BKW knapp 80% ihres Marktwertes verloren (Chart). Damit sind in erheblichem Ausmass auch öffentliche Gelder vernichtet worden, gehört doch die BKW zu 52.5% dem Kanton Bern. Dabei steht die BKW nur als Beispiel für viele Unternehmen der Energiewirtschaft, die in den letzten Jahren stark an Wert verloren haben; diese Verluste trägt vor allem das Gemeinwesen, denn die Energieversorger sind zu 80% im Eigentum der öffentlichen Hand.

Es liegt mir fern, nun eine Kausalität zwischen den genannten Rechtsänderungen und der ausserordentlichen Wertvernichtung in der Energiewirtschaft zu behaupten. Die Energiewirtschaft trägt sicherlich ein Gros der Verantwortung für den traurigen Zustand, in dem sie sich befindet. Trotzdem haben eine undurchdachte Regulierung und ständig ändernde rechtliche Rahmenbedingungen ihren Teil zur Entwertung dieser Aktiven beigetragen. Auch negative Auswirkungen des unsicheren Rechtsrahmens auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen zeichnen sich ab, vor allem im Langfristbereich: Der Wasserkraft. Bedacht ist also angezeigt, wenn der Nationalrat in den nächsten Tagen ein weiteres Mal an den Schrauben dreht, die den rechtlichen Rahmen der Energiewirtschaft bilden.

St.Gallen, 28. November 2014

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November 28, 2014 by Peter Hettich.
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Windkraftpark in den schottischen Highlands: Kaum Bevölkerung, kaum Akzeptanzprobleme

Windkraftpark in den schottischen Highlands: Kaum Bevölkerung, kaum Akzeptanzprobleme

Soziale Akzeptanz der Energiewende

Windkraftpark in den schottischen Highlands: Kaum Bevölkerung, kaum Akzeptanzprobleme

Windkraftpark in den schottischen Highlands: Kaum Bevölkerung, kaum Akzeptanzprobleme

Egal ob man der "Energiewende" befürwortend oder ablehnend gegenübersteht: Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass die "soziale Akzeptanz" den Schlüssel für den Erfolg oder das Scheitern der vom Bundesrat vorgeschlagenen Energiestrategie 2050 bilden wird. Die in der vorberatenden Kommission (UREK-N) derzeit diskutierten Änderungen werden nicht gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung, sondern nur mit derer Zustimmung durchsetzbar sein. Man denke an den Bau neuer Gross- und Kleinkraftwerke, die Änderung des Energiemix, strengere Energieeffizienzvorschriften, die Umverteilung von expliziten und implizit gewährten Subventionen und teurere Energiepreise. Der Kreis der durch die Energiestrategie 2050 erzeugten "Betroffenheiten" ist offensichtlich sowohl unüberschaubar als auch divers, was im politischen Prozess vielfach ein Rezept zum Scheitern darstellt ("unheilige Allianzen").

Anlässlich der ersten Tagung des Energieforschungszentrums CREST werden sich Wissenschaftler verschiedener Disziplinen mit den Bedingungen sozialer Akzeptanz befassen (Anmeldung hier). Der Akzeptanz-Begriff kann nur durch gemeinsame Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven – Soziologie, Ökonomie, Management, Recht, Psychologie – Konturen erlangen. Die Rechtwissenschaft ist offensichtlich auch eine Wissenschaft der Lösung von sozialen Konflikten. Sie stellt über Wahlen, Abstimmungen und Verfahren Instrumente zur Verfügung, die soziale Konflikte lösen und soziale Akzeptanz herstellen können. Diese vielfach über Jahrhunderte gewachsenen Rechtsinstitute sollen durch die Energiestrategie 2050 – meist im Sinne der Verfahrensbeschleunigung – modifiziert werden; es wird sich erst zeigen, ob diese Modifikationen soziale Akzeptanz eher fördern oder ihr entgegenstehen (siehe hier schon mein Vortrag zur Glühbirne).

Obwohl die Beanspruchung rechtlicher Entscheidverfahren regelmässig viel Zeit in Anspruch nimmt, hat der offene Diskurs im Vorfeld einer Abstimmung und die Unabhängigkeit gerichtlicher Instanzen im konkreten Streit doch auch deutliche Vorteile. Während sich rechtliche Verfahren vordringlich damit befassen, wessen geäusserte Willen der legitimere ist, scheinen andere Sozialwissenschaften auch die Frage zuzulassen, wie ein geäussertes Anliegen modifiziert werden kann (bzw. im Falle des verpönten "social engineering": manipuliert werden kann). Ob eine solcherweise "hergestellte" Akzeptanz nachhaltigen Bestand hat, muss jedoch erst unter Beweis gestellt werden. Das Recht wird eine wichtige Rolle dabei spielen, das Bestehen oder Nichtbestehen der Akzeptanz zum Ausdruck zu bringen.

St.Gallen, 12. September 2014

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September 12, 2014 by Peter Hettich.
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